Trend Nudging: Erziehung wie mit Zauberhand

Beim Nudging geht es um eine sanfte Manipulation, die bei Kindern und Jugendlichen (aber auch bei Erwachsenen) positives Verhalten erzeugen soll. Nudging wird dafür verwendet, nicht nur Kindern einen Anreiz zu geben, sich in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Es geht darum, ihnen die Entscheidung zur besseren Lösung leichter zu machen. Wie die Nudging Methode funktioniert zeige ich dir an einigen Nudging Beispielen.

Sanfte Manipulation mit besten Absichten

Beispielsweise gesünderes Essen zu bevorzugen, sich mehr zu bewegen oder bewusster Energie zu sparen. Wenn Kinder immer zuerst Obst und Gemüse angeboten bekommen, werden sie von diesem Nahrungsmittel langfristig mehr verzehren als von den fettigen, kalorienhaltigen Gerichten. Wenn im Kaufhaus farbige Linien unterschiedliche Laufwege zu bestimmten Warengruppen markieren, werden die meisten Menschen sie benutzen. Es wird aber niemandem verboten, einen anderen Weg zu nehmen oder sich die fettige Pizza einzuverleiben. Nudging besticht durch die Freiwilligkeit.

Nudging Methode: Beispiele aus der Politik

In England hat man erkannt, dass Menschen Steuerrückstände schneller begleichen, wenn sie darauf hingewiesen werden, dass andere bereits bezahlt haben. In Deutschland erhalten viele Kunden von Versorgungsbetrieben Abrechnungen, in denen der eigene Verbrauch mit dem anderer Kunden verglichen wird. Und als in Amerika rund 40.000 Autofahrer danach gefragt wurden, ob sie in den nächsten sechs Monaten ein neues Auto kaufen würden, stieg der Fahrzeugabsatz um 35 Prozent. Oft ist es nur ein kleiner Anstubser, ein Nudge, der eine beabsichtigte Reaktion auslöst. Das kann doch sicher auch wunderbar im Erziehungsalltag funktionieren.

Nudging als Erziehungsturbo

6 Nudging Beispiele zum Nachmachen

Nudging ist kein Zwang, keine sektenähnliche Manipulation oder unbewusste Steuerung – es ist das Aufzeigen der besseren Alternative. Eine sanfte Lenkung in die richtige Richtung. Wer es beherrscht, kann davon profitieren. Eltern wissen schon lange, dass diese Methode funktioniert – nun kommt sie in der Gesellschaft an. Du solltest sie unbedingt einmal ausprobieren.

1. So verbesserst du schlechte Laune (positiv denken)

Je nachdem, wie es auf die Krisensituation reagiert, verändert sich auch die Laune deines Kindes. Wenn du es vom Jammern abhalten möchtest, solltest du nicht danach fragen, wo es wehtut, sondern die positiven Aspekte hervorheben. Erinnere dein Kind an eine gute Note, an die positiven Eigenschaften seines Freundes oder die intellektuelle Herausforderung durch die Klassenarbeit.

Beispiel: „Auch wenn Lea heute nicht nett war – erinnerst du dich noch, wie sie dich letzte Woche gegen Tommy verteidigt hat?“

2. So setzt du Komplimente sinnvoll ein (schmeicheln)

Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas für dich tut, kannst du es natürlich ganz klassisch einfach darum bitten. Vielleicht musst du noch eine dringende Aufgabe erledigen und benötigen dafür unbedingt eine Stunde Ruhe. Die einfache Aufforderung, dich für 30 Minuten ungestört arbeiten zu lassen, funktioniert oft nicht. Geschickter ist es, dein Kind mit einem Kompliment sanft zu manipulieren. Komplimente schalten den reflexiven Teil des Gegenübers aus. Das funktioniert schon bei Kindern, und auch Erwachsene können sich einem Kompliment im Sinne von „Nur du kannst das“ kaum entziehen.

Beispiel: „Ich bin so froh, dass du vernünftig bist und verstehst, wie wichtig diese Arbeit ist. Dein kleiner Bruder würde das wahrscheinlich nicht schaffen, aber ich bin sicher, du kannst dich eine Stunde lang allein beschäftigen.“

3. Lasse dein Kind erklären (dumm stellen)

Ganz sicher lernst du manchmal mit deinem Kind für eine Arbeit. Vielleicht geht es um das Einmaleins, um Vokabeln oder um Rechtschreibregeln. Die Rollen sind dabei klar verteilt: Das Kind lernt, und der Erwachsene erklärt. Wenn du diese Rollenverteilung umdrehst, ist dein Kind in der Pflicht. Sich „dumm“ zu stellen, funktioniert in vielen Alltagssituationen und auch beim Lernen. Lasse dir die Regeln von deinem Kind erklären – nichts hilft ihm besser dabei, sich dieses Wissen lange zu merken. Beachte hierbei jedoch, dass dein Kind das Erklärte auch wirklich richtig wiedergibt. Bemerkst du einen Lernfehler bei ihm, könnt ihr gemeinsam die richtige Lösung erarbeiten.

Beispiel: „Wie ging noch mal die Regel mit dass und das? Ich hab´s vergessen. Kannst du es mir erklären?“

Verhandele neu nach Zurückweisung (feilschen)

Ein weiterer Trick des Nudging besteht darin, zunächst mehr zu fordern, als du eigentlich von deinem Kind erwartest. Du möchtest, dass dein Kind jeden Tag zehn Minuten liest? Fordere von ihm zunächst einmal 30 Minuten ein, und diskutiere diesen zeitlichen Rahmen. Nach und nach lässt er sich dann runterhandeln, bis du bei den eigentlich angepeilten zehn Minuten angekommen bist. Dein Kind hat nun das Gefühl, aus der Verhandlung als Sieger hervorgegangen zu sein. Erst eine große Bitte zu stellen und sich dann mit weniger zu begnügen, nennt man das Kontrastprinzip. Jeder gewinnt dabei.

Beispiel: „Na gut, du hast gewonnen. Eigentlich wollte ich ja, dass du jeden Abend 30 Minuten liest. Aber wenn du mir versprichst, dass du wirklich immer zehn Minuten liest, dann gebe ich mich damit zufrieden.“

5. So „infizierst“ du dein Kind (emotional)

Gehe mit gutem Beispiel voran, wenn du von deinem Kind ein bestimmtes Verhalten erwartest. Du wirst deine Tochter nicht für Mathematik begeistern können, wenn du selbst immer wieder erzählst, dass Rechnen nicht dein Ding ist. Ringe dich zu einer Umdeutung durch, und versuche, die positiven Aspekte der Mathematik hervorzuheben.

Beispiel: „Mathe hat mir dabei geholfen, von anderen nicht über den Tisch gezogen zu werden und Preise zu vergleichen.“

6. So überlistest du das limbische System (impulsiv)

Kinder sind besonders impulsiv und müssen erst lernen, langfristige Ziele zu verfolgen. Eine offene Keksdose oder der herumliegende Controller für den PC versprechen schnelle Belohnung und animieren dazu, andere Ziele schnell aus den Augen zu verlieren. Minimier die gefährlichen Reize. Stelle gesunde Knabbereien auf, lege attraktive Kinderbücher auf den Tisch, und lenke den Blick deines Kindes auf den offenen Gitarrenkoffer oder das Klavier. Süßigkeiten, Computerspiele und das Smartphone sollten nicht offen herumliegen.

Beispiel: „Den Controller habe ich auch nicht gesehen, aber wie ist eigentlich dein neues Buch? Ist es spannend?“