Wie lernen Kinder am besten? Was müssen Lehrer und Lehrerinnen tun, um ihre Klasse zu Höchstleistungen anzuspornen? Wie kann man die Motivation von Schülerinnen und Schülern wecken? Wie muss Schule heute aussehen? Was machen wir falsch, denn das Bildungsniveau in Deutschland sinkt? Welchen Stellenwert sollten Lernvideos in den Schulen haben?
Bildung ist noch immer der Schlüssel zum Glück
Bildungsforscher untersuchen seit langem und immer wieder, wie Kinder und natürlich auch Jugendliche und Erwachsene am besten, schnellsten und nachhaltigsten lernen können. Dabei gibt es grundlegende Erkenntnisse, die sich auch im Laufe der Jahre und Jahrzehnte nicht geändert haben. Aber es gibt auch eine sich stetig und immer schneller drehende Welt, in der so viele Informationen sekündlich produziert werden, dass niemand mehr sie alle lernen kann. Darauf muss moderne Bildungsforschung eingehen. Wissen muss und kann abgespeichert werden, aber es muss auch gefunden werden können. Immer öfter im Netz.
Motivation als Triebfeder der Lernenden
Lernen tut nur der, der auch lernen will. Diese Erkenntnis der Bildungswissenschaftler ist unumstritten. Wer motiviert ist und sich für ein Thema oder ein Gebiet interessiert, der ist offen für alle Informationen, die er dazu aktiv einholen kann. Eine hohe Motivation und ein großes Interesse führen dazu, dass die Speicherkanäle im Kopf weit geöffnet sind. Die Motivation ist riesengroß und jede kleinste Information wird begierig aufgesaugt. Ist das Interesse jedoch nur gering oder gar nicht vorhanden, plätschern die Informationen an den wichtigen Kanälen vorbei und versickern im Meer der langweiligen Daten und Fakten.
Wer mit Gefühl lernt, lernt für immer
Wenn Kinder, Jugendliche oder Erwachsene die zu lernenden Inhalte mit einem starken Gefühl verknüpfen, ist das Lernen am produktivsten. Diese Gefühle sind jedoch nur schwer zu steuern. Ist es also Glück oder Zufall, wenn auf einen Gefühlszustand auch die passenden Lerninhalte treffen?
Ganz bestimmt lernt Leon die Informationen über den zweiten Weltkrieg weitaus besser, wenn er am Abend vorher mit seinen Großeltern über deren Erlebnisse in der damaligen Zeit gesprochen hat. Hat er mit den Geschichten über Angst, Schrecken und Flucht mitgefiebert, so wird er den theoretischen Hintergrund im Geschichtsunterricht damit verknüpfen und vermutlich sehr gut abspeichern. Ist Leon aber gerade verliebt und mit seinen Gedanken bei Lisa, rauschen die Informationen mit großer Sicherheit an seinem Gedächtnis vorbei.
Wie können diese Erkenntnisse im Unterricht umgesetzt werden?
Lehrerinnen und Lehrer können versuchen, vor einer neuen Unterrichtseinheit persönlich Verknüpfungen mit dem Thema zu generieren. Beispielsweise ihre Schülerinnen und Schüler dazu auffordern, ein Interview mit den Großeltern zu machen. Bei nahezu jedem Thema gibt es Möglichkeiten, diese mit dem Alltag der Kinder zu verknüpfen. Je mehr ihre Gefühle dabei angesprochen werden, desto besser. Eine persönliche Betroffenheit oder große Empathie führt mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass das Thema im Unterricht aufmerksam und interessiert verfolgt wird. Interesse erzeugen natürlich auch gut gemachte Lernvideos zum Thema. Das ist oft der einfachere Weg.
Probleme des Unterrichts in einer Klasse
In den großen Schulklassen von heute, den kurzen Unterrichtsintervallen und den vielen Fächern fällt es den einzelnen Lehrerinnen und Lehrern immer schwerer, etwas über die privaten Hintergründe ihrer Schülerinnen und Schüler zu erfahren. Oft fehlt ihnen schlichtweg die Zeit, sich damit zu beschäftigen. Dabei wäre es natürlich fantastisch, wenn sie ihren Unterricht auf die persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen jedes einzelnen Kindes ausrichten könnten. Doch das ist zeitlich und finanziell einfach nicht umsetzbar.
Leon braucht Zeit, Lisa langweilt sich
Auch die einzelnen Lerntypen müssten im Unterricht eigentlich viel mehr berücksichtigt werden. Langsam Lernende brauchen Zeit, um Texte zu erfassen, zu hinterfragen und sich eigene Gedanken dazu zu machen. Schnell Lernende hingegen langweilen sich schnell und schweifen mit ihrem Gedanken ab, wenn sie nicht entsprechend gefördert werden. Und auch zwischen langsam und schnell gibt es noch viele Abstufungen, auf die Lehrkräfte eingehen könnten, wenn sie denn die Zeit und Kapazitäten dafür hätten. Nicht zu vergessen, die unter einer Legasthenie, Dyskalkulie oder Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) leiden oder aber hochbegabt hochbegabt sind. Lernvideos können durch ihre Vielfalt diese Unterschiede gut berücksichtigen.
Das A und O beim Lernen und dem Lernerfolg ist die Motivation. Das wird bei Lernvideos ganz deutlich. Viele Schülerinnen und Schüler schreiben in die Kommentare, dass sie in meinem 3 Minuten Lernvideo vielmehr gelernt hätten, als in drei Stunden Unterricht. Ich sei die bessere Lehrerin. Klingt gut, stimmt aber nicht.
Der Hauptgrund beim Lernerfolg ist nicht in erster Linie die Art der Präsentation, sondern dass die Schülerinnen und Schüler genau dann das Video ansehen, wenn sie auch Lust darauf haben, das Thema zu lernen. Dann sind sie offen für die Inhalte und verstehen diese schnell und nachhaltig.
Uta Reimann-Höhn, Diplom Pädagogin
Digitales Lernen kann durch Lernvideos hier Lücken schließen – wenn die Lehrkräfte es zulassen
Es gibt schon viele unterschiedliche Konzepte, wie Schülerinnen und Schüler in ihrem eigenen Tempo lernen können und von den Lehrkräften nur dann unterstützt werden, wenn sich Probleme auftun. An Konzepten fehlt es nicht, vielmehr an der Umsetzung. Und hier sind die Stolpersteine zahlreich. Es gibt immer noch Lehrerinnen und Lehrer, die mit der digitalen Welt wenig anfangen können. Und jede Menge Schulen, die schlecht ausgerüstet sind oder keine personellen Kapazitäten für die digitalen Möglichkeiten haben. Und natürlich gibt es Schülerinnen und Schüler, die keinen Zugang zu Hause in die digitale Welt haben oder sich einen Computer mit vielen anderen aus der Familie teilen müssen.
YouTube kennt jeder, wetten?
Digitales lernen muss in vielen Fällen so niederschwellig wie möglich angesetzt werden. Eine Möglichkeit sind dabei Lernvideos auf YouTube, die für jeden schnell, einfach und kostenfrei aufrufbar sind. Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer empfehlen ihren Kindern in der Klasse spezielle Videos zur Vorbereitung oder zur Nachbereitung eines Themas. Durch die vor Auswahl bekommen die Schülerinnen und Schüler nur korrekte und qualitativ hochwertige Lernvideos empfohlen, die ihnen keine falschen Informationen geben.
Leider gibt es auch hier noch viele Lehrkräfte, die Lernvideos als Konkurrenz betrachten und die Hilfe nicht in Anspruch nehmen wollen. Dabei sind sie immer nur eine Ergänzung des Unterrichts, Lehrerin und Lehrer werden dadurch nicht überflüssig. Sie müssen Lernvideos sinnvoll in den Unterricht integrieren, gute auswählen, um ihre Schülerinnen und Schüler zu interessieren und zu motivieren.
Besonders selbstständige, strukturierte und disziplinierte Kinder und Jugendliche profitieren von YouTube enorm. Aber auch für eher bildungsferne Kinder und Jugendliche ist das Angebot der Lerninhalte so niederschwellig, dass es eher als eine klassische Nachhilfe genutzt wird. Und es ist günstiger, stets verfügbar und abwechslungsreich. Lernvideos haben zahlreiche Vorteile und natürlich auch einige Nachteile. Beginnen wir mal mit den Vorteilen, die negative Sichtweise bringt ja niemanden weiter.
Vorteile von Lernvideos auf YouTube
- Sie können unabhängig von Uhrzeit oder Tageszeit angeschaut werden.
- Lernvideos laufen auf dem Desktop, dem Laptop und auch auf dem Handy.
- Das Tempo kann individuelle ausgewählt werden.
- Die Lerninhalte können so oft wie nötig angeschaut werden.
- Die Nutzer haben ihre Ruhe und sind ungestört.
- Sie können an jedem Punkt des Videos gestoppt werden.
- Durch die grafische Aufbereitung können Inhalte viel leichter erklärt werden.
- Die meisten neuen Lernvideos haben eine sehr gute Auflösung und einen guten Ton. Sie sind aufwendig produziert.
- Häufig bieten sie die Möglichkeit zum Dialog, beispielsweise in den Kommentaren.
- Sie können von jedem Ort mit Internetzugang angeschaut werden, also auch unproduktive Wartezeiten verkürzen.
- Sie sind oft unterhaltsam und bringen Wissen auf den Punkt.
- Lernvideos sind für den Nutzer kostenlos.
- Es kann eine Bildschirmaufnahme gemacht und ausgedruckt werden als Erinnerung.
Studie zu YouTube Lernvideos zeigt beeindruckende Zahlen
Der Rat für Kulturelle Bildung, ein von verschiedenen Stiftungen finanziertes Beratungsgremium, hat repräsentativ untersuchen lassen, was Kinder und Jugendliche auf YouTube ansehen. Wir haben es schon lange vermutet: Viele Kids suchen auf YouTube auch gezielt Inhalte, um sich schlau zu machen. Das zeigen die Zugriffszahlen bei Kanälen, die Informationen anbieten.
Der Studie zufolge kommt YouTube bei 12- bis 19-Jährigen bei der Nutzung gleich an zweiter Stelle nach WhatsApp und landet noch vor Instagram, Facebook oder Snapchat. Fast jeder zweite User nutzt YouTube bei Schulthemen, entweder zur Vorbereitung auf eine Klassenarbeit und für die Hausaufgaben.
Nachteil von Lernvideos
- Nicht immer ist ein Lernvideo qualitativ hochwertig. Hier muss Spreu vom Weizen getrennt werden.
- Oft werden die Videos durch Werbung finanziert, die vor den Inhalten kurz eingeblendet wird.
- Es gehört ein gewisses Maß an Disziplin dazu, sich selbstständig Lernvideos anzusehen.
Ein flammendes Plädoyer für Lernvideos
Vermutlich nutzen die meisten Menschen YouTube inzwischen als Suchmaschine oder lassen sich dort etwas erklären. Auch Lehrerin und Lehrer sind hier nicht ausgenommen. Warum sollten diese wertvollen Informationen und diese so motivierende und unterhaltsamen Art des Lernens nicht auch für ihre Schülerinnen und Schüler funktionieren?
Ich kann mit all meiner Erfahrung voller Überzeugung behaupten, dass Lernvideos eine fantastische Bereicherung der Bildungslandschaft sind. Wer das nicht erkennen will oder sich auch nach Jahrzehnten das digitalen Fortschritts immer noch dagegen wehrt, hat in der modernen Bildungslandschaft nichts mehr zu suchen.