Lernen ist ein individueller Prozess, der je nach Person unterschiedlich verläuft. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Lernumgebung, die idealerweise an den jeweiligen Lerntyp angepasst wird, um den Lernerfolg zu maximieren. Die Lernumgebung kann ein Raum oder auch eine Atmosphäre sein, ein bestimmter Geruch oder die Lautstärke.
Wie funktioniert Lernen?
Lernen ist die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern. Dieser Prozess basiert auf der neuronalen Plastizität des Gehirns, also der Fähigkeit, neue Verbindungen zwischen Nervenzellen zu bilden. Durch wiederholte Aktivierung dieser Verbindungen werden Informationen im Langzeitgedächtnis verankert. Je besser die Lernumgebung auf den Lernenden angepasst ist, desto effektiver und besser funktioniert das Lernen.

Die vier Lerntypen und ihre Bedürfnisse
Es gibt verschiedene Modelle zur Klassifizierung von Lerntypen. Ein verbreitetes Modell unterscheidet vier Haupttypen:
- Visueller Lerntyp: Lernt am besten durch visuelle Reize wie Bilder, Diagramme und Grafiken.
- Auditiver Lerntyp: Bevorzugt das Lernen durch Hören, beispielsweise durch Vorträge oder Diskussionen.
- Motorischer Lerntyp: Lernt effektiv durch Bewegung und praktische Tätigkeiten.
- Kommunikativer Lerntyp: Bevorzugt den Austausch mit anderen, lernt durch Diskussionen und Gespräche.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Einteilung in Lerntypen in der Wissenschaft umstritten ist und nicht immer eindeutig nachgewiesen werden kann.
Die optimale Lernumgebung für jeden Lerntyp
Eine individuell angepasste Lernumgebung kann den Lernprozess unterstützen:
- Visueller Lerntyp:
- Raumgestaltung: Helle, gut beleuchtete Räume mit visuellen Hilfsmitteln wie Whiteboards oder Pinnwänden.
- Hilfsmittel: Verwendung von Mindmaps, Diagrammen und farblichen Markierungen.
- Auditiver Lerntyp:
- Akustik: Ruhige Räume ohne störende Hintergrundgeräusche.
- Hilfsmittel: Nutzung von Hörbüchern, Podcasts oder das laute Vorlesen des Lernstoffs.
- Motorischer Lerntyp:
- Bewegungsfreiheit: Räume, die ausreichend Platz für Bewegung bieten.
- Hilfsmittel: Einsatz von Lernspielen, Experimenten oder Rollenspielen.
- Kommunikativer Lerntyp:
- Austauschmöglichkeiten: Räume, die Gruppendiskussionen und Teamarbeit fördern.
- Hilfsmittel: Nutzung von Debatten, Brainstorming-Sitzungen und Lerngruppen.Volkshochschule Baden
Unabhängig vom Lerntyp sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Ergonomie: Ein bequemer Stuhl und ein passender Tisch fördern die Konzentration.
- Lichtverhältnisse: Natürliches Licht ist ideal, alternativ eine gute künstliche Beleuchtung.
- Luftqualität: Regelmäßiges Lüften sorgt für frische Luft und erhöht die Leistungsfähigkeit.
- Ablenkungsfreiheit: Ein aufgeräumter Raum ohne störende Elemente fördert die Fokussierung.
Durch die Anpassung der Lernumgebung an die individuellen Bedürfnisse kann der Lernerfolg gesteigert und das Lernen effektiver gestaltet werden.
4 Beispiele aus dem Leben zur Lernumgebung
Die perfekte Lernumgebung für Lisa (visueller Lerntyp)
Lisa, 12 Jahre, aus Mainz
Lisa liebt es, Dinge visuell zu erfassen. Schon in der Grundschule hat sie gemerkt, dass sie mit Mindmaps, farbigen Skizzen und Zeichnungen deutlich besser lernt als mit reinen Texten. Inzwischen besucht sie die siebte Klasse eines Gymnasiums.
Ihre Lernumgebung:
Lisas Schreibtisch steht direkt vor einem großen Fenster mit viel Tageslicht. An der Wand hängt eine große Magnettafel, auf der sie Lernpläne, Diagramme und Visualisierungen anpinnt. Über dem Schreibtisch hat sie bunte Post-its mit Vokabeln und Formeln befestigt. Ihr Stuhl ist ergonomisch geformt, daneben steht ein Rollcontainer mit Stiften in allen Farben, Textmarkern, Linealen und Lernkarten. Sie nutzt außerdem gerne digitale Tools wie Canva oder Notability, um Lerninhalte visuell aufzubereiten.
Die perfekte Lernumgebung für Malik (auditiver Lerntyp)
Malik, 14 Jahre, aus Berlin-Neukölln
Malik ist auditiv stark veranlagt. Schon früh fiel auf, dass er sich mündlich Erklärtes besser merkt als Geschriebenes. Er liebt Musik, Podcasts und erklärt seiner kleinen Schwester oft den Lernstoff – damit merkt er ihn sich selbst am besten.
Seine Lernumgebung:
Malik hat sich ein kleines Lernstudio im Gästezimmer eingerichtet. An der Tür hängt ein „Nicht stören“-Schild, denn Ruhe ist für ihn essenziell. Er trägt beim Lernen oft Noise-Cancelling-Kopfhörer, mit denen er Lern-Podcasts hört oder sich selbst Fragen einsprechen lässt. Sein Laptop steht auf einem höhenverstellbaren Tisch, daneben liegt ein digitales Diktiergerät. Ein Whiteboard hilft ihm, beim lauten Sprechen die Struktur zu behalten. Musik zur Entspannung – klassische Instrumentals – läuft leise im Hintergrund.
Die perfekte Lernumgebung für Emilia (motorischer Lerntyp)
Emilia, 10 Jahre, aus Leipzig
Emilia ist immer in Bewegung. Still sitzen fällt ihr schwer. Sie lernt am besten, wenn sie Dinge ausprobieren kann, z.B. Experimente macht, sich bewegt oder Lerninhalte mit Handlungen verbindet. Besonders beim Rechnen hilft es ihr, mit kleinen Gegenständen zu arbeiten.
Ihre Lernumgebung:
Emilia hat kein klassisches Kinderzimmer mit einem festen Schreibtisch. Stattdessen nutzt sie ein variables Lernsystem: Ein Stehtisch mit Hocker, ein Teppich für Bewegungsspiele und ein Schrank mit Alltagsgegenständen zum Experimentieren. Neben ihrem Schreibtisch steht ein Gymnastikball. An der Wand hängt ein Stundenplan mit Lernstationen, die sie aktiv durchläuft. Sie nutzt außerdem Knete, Bauklötze und kleine Figuren zum Lernen – vor allem in Mathe und Sachkunde. Eltern und Lehrer*innen unterstützen sie, indem sie Lerninhalte oft mit Bewegung kombinieren.
Die perfekte Lernumgebung für Jonas (kommunikativer Lerntyp)
Jonas, 15 Jahre, aus Hamburg
Jonas ist ein echter Teamplayer. Er liebt Gruppenarbeiten und erklärt gerne Inhalte anderen – dabei merkt er sich das Gelernte selbst besonders gut. Am liebsten lernt er in der Gruppe oder mit einem Lernpartner.
Seine Lernumgebung:
Jonas‘ Zimmer ist wie ein kleines Klassenzimmer. Er hat einen runden Tisch in der Mitte, an dem er sich mit Freund*innen zum Lernen trifft. An den Wänden hängen Mindmaps, Plakate mit Lernplänen und Diskussionsergebnissen. Ein Whiteboard hilft ihm, gemeinsam mit anderen Ideen zu sammeln. Er nutzt Apps wie Zoom oder MS Teams, um auch virtuell im Austausch zu bleiben. Ein Notizbuch liegt immer bereit, um Gesprächsnotizen festzuhalten. Besonders liebt er es, sich mündlich auf Klassenarbeiten vorzubereiten – oft mit seiner Schwester oder im Videochat mit Freunden.
Jeder Lerntyp braucht eine eigene Lernumgebung
Diese vier Beispiele zeigen: Die perfekte Lernumgebung ist nie „one-size-fits-all“. Während visuelle Lernerinnen Struktur und Farben brauchen, profitieren auditive Kinder von Ruhe und Klang. Motorische Lernerinnen brauchen Bewegung und Handlungsspielraum, kommunikative Lernende dagegen Interaktion und Austausch.
Die Kunst liegt darin, die Umgebung flexibel zu gestalten und regelmäßig zu prüfen: Was funktioniert gut? Wo gibt es noch Hindernisse?
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Was tun, wenn die perfekte Lernumgebung zu Hause nicht möglich ist?
Nicht jede Familie hat ein eigenes Zimmer für jedes Kind oder die finanziellen Mittel für ergonomische Möbel, Whiteboards oder Ruhebereiche. Doch keine Sorge: Auch ohne perfekte Bedingungen lässt sich viel erreichen.
Kreative Lösungen für begrenzten Raum und Ausstattung
1. Flexible Lernzonen schaffen
Auch in kleinen Wohnungen kann ein mobiler Lernplatz entstehen – etwa durch einen Klapptisch, einen tragbaren Kasten mit Lernmaterialien oder einen Rollwagen, der bei Bedarf zum „Lernwagen“ wird.
2. Lärm reduzieren
Günstige Noise-Cancelling-Kopfhörer, einfache Ohrstöpsel oder das Lernen mit beruhigender Hintergrundmusik (z. B. Instrumental) können helfen, Störungen auszublenden.
3. Lernzeit statt Lernort optimieren
Wenn der Platz begrenzt ist, können klare Lernzeiten helfen. Absprachen mit der Familie schaffen „geschützte“ Lernphasen – z. B. 30 Minuten ohne Ablenkung am Esstisch.
4. Öffentliche Lernorte nutzen
Bibliotheken, Jugendzentren oder Schulräume außerhalb der Unterrichtszeiten können eine gute Alternative sein – ruhig, konzentriert und manchmal sogar mit WLAN.
5. Unterstützung durch Schule oder Sozialarbeit
Wenn Kinder dauerhaft keine geeignete Lernumgebung haben, können Schulen Lernhilfen oder Raumangebote machen. Auch Sozialpädagoginnen oder Familienhelferinnen unterstützen bei Bedarf. Hier lohnt sich ein Gespräch mit Lehrer*innen oder Beratungsstellen.
Was du trotz schwieriger Bedingungen immer tun kannst
- Rituale einführen: Gleiche Zeiten, gleiche Abläufe schaffen Sicherheit.
- Ziele setzen: Kleine, realistische Lernziele motivieren und schaffen Struktur.
- Gemeinsam reflektieren: Was klappt gut, was war heute schwierig?
- Positiv bleiben: Auch mit Kompromissen lässt sich gut lernen.