Die Pubertät geistert als Schreckgespenst im Entwicklungsprozess durch die Medien. Jugendliche werden als Monster oder Kakteen bezeichnet, es gibt den Überlebensbrief für Eltern und Szenarien von Schulversagen, Drogenexperimenten und kriminellen Ausflügen werden beschworen.
Die Angst vor der Pubertät ist groß und wird kräftig geschürt. Das funktioniert, weil Eltern immer weniger Erfahrung in der Erziehung von Kindern haben, schließlich sinkt die Geburtenrate seit langem und auch die Vereinzelung und die soziale Isolation scheinen zuzunehmen.
ADHS in der Pubertät: Augen zu und durch
Die Pubertät ist nicht leicht – und ADHS wird in der Pubertät häufig zu einer wirklich anstrengende Herausforderung. Aber Geduld! Mit Verständnis und Durchhaltevermögen gelingt den meisten Jugendlichen mit ADHS ein guter Start ins Leben.
Die Unsicherheit und Angst vor der Veränderung sind ein guter Nährboden für für Horrorszenarien. Viele Eltern erwarten in einer Art Schockstarre den Entwicklungsabschnitt ihrer Kinder, in dem ihre “Gehirne umgebaut” werden, sie “aus dem Ruder laufen” und “auf die schiefe Bahn” geraten.
Dabei verläuft bei der überwiegenden Mehrzahl der Jugendlichen die Pubertät releativ unspektakulär. Die notwendigen Auseinandersetzungen mit den Eltern sind heftig, aber lehrreich für beide Seiten. Die Raupe Kind verpuppt sich und entsteigt nach einer Zeit der Persönlichkeitsentwicklung als Schmetterling der Reifungsphase.
Erfahrungen mit der ersten Liebe, Alkohol, Joints, schlechte Noten, eine enge Bindung an Freunde und die ständige Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten mit den Eltern gehören zum Gesamtpaket. Zwischen 12 und 18 Jahren durchlaufen Kinder und Eltern einen Prozess, der für ein späteres, selbstbestimmtes und erfülltes Leben unverzichtbar ist.
Die Pubertät ist eine Herausforderung und eine Chance für Kinder und Eltern, sich zu entwickeln und die enge Beziehung auf neue Grundpfeiler zu stellen.
Diese Tipps können den Leidensdruck senken
Der Umgang mit einem Jugendlichen in der Pubertät, der ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) hat, erfordert ein hohes Maß an Geduld, Verständnis und Flexibilität. Hier sind 10 Tipps, die Ihnen dabei helfen können:
- Informieren Sie sich über ADHS: Je mehr Sie über ADHS und seine Auswirkungen wissen, desto besser können Sie den Jugendlichen unterstützen. Verstehen Sie die Herausforderungen, mit denen er konfrontiert ist, und erkennen Sie, dass bestimmte Verhaltensweisen Teil der Störung sind.
- Struktur und Routine bieten: Jugendliche mit ADHS profitieren von klaren Strukturen und Routinen. Helfen Sie ihnen, einen konsequenten Tagesablauf zu etablieren, der ihnen hilft, sich organisiert und fokussiert zu fühlen.
- Setzen Sie klare Regeln und Erwartungen: Klare, verständliche Regeln und Erwartungen sind wichtig. Seien Sie konkret bei Anweisungen und erklären Sie die Konsequenzen für bestimmte Verhaltensweisen.
- Positive Verstärkung nutzen: Anerkennen und belohnen Sie positives Verhalten. Positive Verstärkung kann motivierend wirken und dem Jugendlichen helfen, sein Verhalten langfristig zu ändern.
- Grenzen setzen und konsequent sein: Es ist wichtig, konsistente Grenzen zu setzen und bei Regelverstößen konsequent zu handeln. Dies schafft eine sichere und vorhersehbare Umgebung.
- Geben Sie ihnen Zeit für körperliche Aktivitäten: Bewegung kann helfen, überschüssige Energie abzubauen und die Konzentration zu verbessern. Fördern Sie Sport oder andere körperliche Aktivitäten.
- Unterstützen Sie bei der Organisation: Helfen Sie dem Jugendlichen, Organisationsstrategien zu entwickeln. Das kann bei der Bewältigung von Hausaufgaben, der Zeitplanung und anderen Aufgaben helfen.
- Fördern Sie soziale Fähigkeiten: Jugendliche mit ADHS haben oft Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen. Unterstützen Sie sie bei der Entwicklung sozialer Kompetenzen und ermutigen Sie sie, Freundschaften zu pflegen.
- Geduld und Verständnis zeigen: Zeigen Sie Verständnis für die Herausforderungen, mit denen der Jugendliche konfrontiert ist. Geduld zu haben, bedeutet nicht, Verhaltensprobleme zu ignorieren, sondern unterstützend und empathisch zu reagieren.
- Suchen Sie professionelle Unterstützung: Zögern Sie nicht, Hilfe von Fachleuten wie Psychologen, Psychiatern oder ADHS-Coaches zu suchen. Diese können individuell angepasste Strategien und Unterstützung bieten.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass jeder Jugendliche einzigartig ist und individuelle Bedürfnisse hat. Eine offene Kommunikation, in der der Jugendliche seine Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken kann, ist entscheidend für eine erfolgreiche Unterstützung.
Auch AD(H)Sler werden erwachsen
All das gilt auch für Jugendliche mit AD(H)S, denn auch sie müssen reifen und sich darauf vorbereiten, ihr Leben selber zu gestalten. Dieser Prozess kann jedoch intensiver, impulsiver und ungebremster sein. Die Pubertät dauert in der Regel länger und setzt gerade bei einer begleitenden Medikation oft später ein. Die AD(H)S Jugendlichen brauchen länger Unterstützung als Jugendliche ohne die Störung.
Generell kommen besonders die mit Medikamenten behandelten Kinder mit AD(H)S häufig später in die Pubertät, bleiben länger kindlich und wachsen langsamer, jedoch ohne Auswirkungen auf die endgültige Körpergröße.
Den Jugendlichen mit der AD(H)S mangelt es dann oft an Selbstbewusstsein, altersentsprechendem Reflexionsvermögen und sie beharren weiterhin stark auf ihrer eigenen Sichtweise des Alltages. Das macht den Umgang mit ihnen nicht leicht. Auch andere Verhaltensweisen wie das starke Gerechtigkeitsempfinden, Schwierigkeiten mit dem Akzeptieren von Autoritäten oder gelegentliche Wutausbrüche und mangelnder Antrieb erschweren ein harmonisches Zusammenleben.
Erschwerend kommt eine höhere Suchtgefährdung und vermutlich eine Neigung zu depressiven Verstimmungen hinzu.
Die Störung (ver)wandelt sich
AD(H)S wächst sich bei den meisten Betroffenen nicht aus, wie anfangs von vielen Fachleuten und Experten vermutet wurde. Nicht selten wird sie sogar erst in der Pubertät erkannt und diagnostiziert, besonders bei hypoaktiven, stillen Mädchen.
Die komplexe Störung verändert sich in der aufregenden Lebensphase der Pubertät, die eventuell vorhandene äußere Unruhe wendet sich häufig nach innen. Eine latente Rast- und Ruhelosigkeit macht es den Jugendlichen schwer sich selbst zu organisieren, familiäre Beziehungen und soziale Kontakte konfliktfrei zu gestalten.
Natürlich gibt es auch Fälle, in denen das Syndrom mit der Pubertät langsam verschwindet und auch verschwunden bleibt. Begründet wird diese Entwicklung (in beide Richtungen) mit dem Umbau des Dopamin-Hausaltes in der Pubertät.
Manche Kinder, die jahrelang Medikamente bekommen haben, können die Therapie langsam beenden und ihr Verhalten selber positiv steuern. Super, wenn die Entwicklung so verläuft. Eltern, Kinder und Jugendliche sollten immer wieder überprüfen, wie der Alltag ohne Medikamente funktioniert. Für alle anderen bleibt die Problematik unverändert oder abgeschwächt bestehen und begleitet die jungen Menschen weiter.
Eine positive Sichtweise hilft
Doch die Phase der Pubertät ist für Betroffene auch eine Chance, sich jetzt bewusster mit ihrem Verhalten auseinandersetzen zu können. Die aktive Selbststeuerung, die Kindern noch enorm schwerfällt, wird einfacher. Strategien und Hilfen können besser verstanden und angewendet werden. Jugendliche mit AD(H)S können nun langsam lernen, sich selber besser zu steuern.