Hast du dir auch schon die Frage gestellt, ob dein Kind auf der staatlichen Schule gut aufgehoben ist und lieber auf eine private Grundschule gehen sollte? Damit stehst du nicht allein. Immer mehr Eltern in Deutschland wählen für ihre Kinder, zumindest eine Zeit lang, eine Privatschule. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes besuchten im Schuljahr 2020/2021 rund 8,5 % aller SchülerInnen solch eine Einrichtung. Bei einer Gesamtzahl von circa 2,8 Millionen GrundschülerInnen sind das ungefähr 238.000 SchülerInnen.
Der Anteil privater Grundschulen steigt
In Deutschland gibt es zurzeit rund 1515 private Grundschulen, die von unterschiedlichen Trägern betrieben werden. Z.B. kirchliche Einrichtungen, gemeinnützige Vereine, Stiftungen oder auch private Unternehmen. Das entspricht rund 6 % aller Grundschulen. Im Vergleich zu öffentlichen Schulen erheben private Schulen in der Regel Schulgeld, das von den Eltern der Schülerinnen und Schüler gezahlt werden muss. Die Höhe des Schulgeldes ist sehr unterschiedlich und richtet sich nach Träger, Angebot und Auslastung.
Was spricht für die private Grundschule?
Das deutsche Bildungssystem krankt an vielen Stellen und immer mehr Eltern fühlen sich und ihre Kinder an staatlichen Schulen nicht gut aufgehoben. Neben den großen Schulklassen, in denen die unterschiedlichsten Kinder unter Personal- und Geldmangel leiden, machen Stundenausfall durch stetig wachsenden Lehrermangel und marode Schulgebäude viele Eltern ärgerlich und zunehmend besorgt. Ganz zu schweigen von einer fehlenden Ganztagsversorgung, die besonders berufstätige Eltern von Schulanfängern vor große Probleme stellt.
Das fragen sich besorgte Eltern
- Wohin mit dem Kind, wenn es mal um 10:00 Uhr und mal um 12:00 Uhr aus der Schule kommt?
- Was machen, wenn LehrerInnen erkranken und der Unterricht ganz ausfällt?
- Wie erkläre ich meinem Chef, dass mein Kind donnerstags erst um 10:00 Uhr in die Schule muss?
- Vier Monate Schulferien – muss der Fernseher oder das Tablet den Babysitter ersetzen?
Öffentliche Schulen haben viele Sorgen
Selbst Halbtagsstellen sind für Eltern mit einem Grundschulkind zeitlich kaum abzudecken und die verlässliche Grundschule mit einer festen Betreuungszeit ist leider immer noch nicht Standard. In den weiterführenden Schulen verschwinden die Probleme nicht. Es fehlen LehrerInnen nicht nur in den Naturwissenschaften oder Mathematik, das Fremdsprachenangebot ist eher überschaubar und eine Ganztagsversorgung mit ausgeglichenen Lern- und Erholungsphasen eine Utopie. Daneben haben Eltern wenig Mitspracherechte und auch die Zeit der Lehrerinnen und Lehrer für Gespräche oder Kooperation ist knapp bemessen. Der Blick auf Privatschulen zeigt hingegen eine bessere, neue, attraktive Bildungswelt, an der immer mehr Eltern teilnehmen möchten. Moderne Unterrichtsmaterialien, Kontakte zu Auslandsschulen und Universitäten, bilingualer Unterricht und pädagogische und psychologische Lernkonzepte versprechen Entlastung der Eltern, gute Schulabschlüsse und beruflichen Erfolg. Und so falsch ist diese Vorstellung nicht.
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Die private Grundschule liegt im Trend
Vor 40 Jahren wurden eher noch diejenigen Schülerinnen und Schüler auf Privatschulen untergebracht, die mit Leistungsproblemen zu kämpfen hatten. Inzwischen hat sich dieses Bild inzwischen vollkommen gewandelt. An den meisten Privatschulen bestehen lange Wartelisten und bei weitem nicht alle Bewerber können aufgenommen werden. Da entscheiden nicht selten die Noten in den Hauptfächern, sodass zunehmend leistungsstarke Kinder das Niveau bestimmen. Aber nicht immer sind die Leistungen das entscheidende Kriterium für die Aufnahme eines Kindes. Was ist dran am Privatschulboom?
Warum Privatschule nicht gleich Privatschule ist
Berichte, Dokumentationen und Sendungen zu Privatschulen sind besonders im Frühjahr gefragt. Das spiegelt die Sorge vieler Eltern wider, ihr Kind könne auf einer staatlichen Schule nicht wirklich gut aufgehoben sein. Privatschulen können sich vor Anmeldungen kaum noch retten und immer neue Bildungsinstitute entstehen dort, wo die Nachfrage groß ist, besonders in Ballungsgebieten. Eltern, die sich gegen die staatliche Schule entscheiden, haben inzwischen eine Reihe von Wahlmöglichkeiten.
Wie findest du die richtige Privatschule für dein Kind?
Die Wahl der richtigen Privatschule für dein Kind kann eine Herausforderung sein, aber es gibt eine Reihe von Schritten, die du unternehmen kannst, um sicherzustellen, dass das die beste Entscheidung ist.
- Als Erstes solltest du dir überlegen, welche Prioritäten dir und deinem Kind bei der Schulerfahrung wichtig sind. Möchtest du beispielsweise eine Schule mit einem bestimmten pädagogischen Ansatz, einer speziellen Religionszugehörigkeit oder einem besonderen Fokus auf Kunst und Musik? Notiere dir alle wichtigen Aspekte, die du berücksichtigen möchtest.
- Dann solltest du die Privatschulen in deiner Umgebung recherchieren, die deinen Prioritäten entsprechen. Suche im Internet nach Schulwebseiten, lese Online-Bewertungen, besuche Informationsabende oder besuche persönlich die Schule, um dir ein Bild von der Schule zu machen.
- Wenn du dich für eine Schule interessierst, solltest du den Schulvertretern Fragen stellen, um herauszufinden, ob sie zu deinen Prioritäten passen. Frage nach Lehrmethoden, Lehrplänen, außerschulischen Aktivitäten und der Zulassungsprozedur.
- Stelle sicher, dass du die Schule finanzieren kannst. Frage nach Finanzierungsmöglichkeiten wie Stipendien, Stiftungen oder Schuldarlehen.
- Sprich mit Eltern von Schülern, die bereits die Schule besuchen, um mehr darüber zu erfahren, wie die Schule funktioniert. Sie können dir ein besseres Verständnis für die Kultur und die Lehrmethoden der Schule geben.
Wenn du alle Schritte durchlaufen hast, triff eine fundierte Entscheidung, welche Privatschule die richtige für dein Kind ist.
Es ist wichtig zu beachten, dass jede Familie unterschiedliche Prioritäten und Bedürfnisse hat, daher ist es wichtig, dass du eine Schule findest, die zu deinen eigenen Vorstellungen passt. Nimm dir Zeit für den Prozess und stelle sicher, dass du eine fundierte Entscheidung triffst.
Der Wunsch nach Privatschulen ist groß
Circa die Hälfte aller Eltern mit Kindern von drei bis sechs Jahren ziehen laut Umfragen eine private Schule vor. Wäre die Finanzierung kein Problem, der Schulbesuch also ohne Kosten möglich, wären es sogar noch mehr. Viele Eltern haben anscheinend das Vertrauen in die staatliche Bildung verloren und erwarten von den anderen Konzepten bessere Chancen für ihr Kind. Neue, moderne Lernformen und die Ausrichtung an den individuellen Bedürfnissen der Kinder bieten in der Tat viele Privatschulen an. Besonders die reformpädagogischen Schulen, die mit ausgefallenen Lernmethoden und speziellen Konzepten locken. Neben den kirchlichen Schulen haben sie den größten Zulauf.
2 Modelle: Ersatzschule und Ergänzungsschule
Schulen in freier Trägerschaft, also Privatschulen, unterscheiden sich in zwei rechtlichen Modellen. Zum einen gibt es die Ersatzschulen in freier – nicht öffentlicher – Trägerschaft. Sie entsprechen den bestehenden Schulformen, ersetzen sozusagen die staatlichen Schulen, und bieten grundsätzlich die gleichen Unterrichtsinhalte an wie öffentliche Schulen. Mit dem Besuch einer Ersatzschule erfüllen die Schülerinnen und Schüler die Schulpflicht.
Das macht Ersatzschulen aus:
- Sie bedürfen der Genehmigung durch die örtlich zuständige Bezirksregierung.
- Sie entsprechenden öffentlichen Schulen wie Grundschule, Hauptschule, Realschule oder Gymnasium.
- Sie haben in der Regel das Recht, mit gleicher Wirkung wie öffentliche Schulen Zeugnisse auszustellen und unter Vorsitz einer staatlichen Prüfungsleitung Prüfungen abzuhalten.
- Sie stehen unter Aufsicht des Landes.
- Die Schulaufsichtsbehörde übt die Schulaufsicht über Ersatzschulen aus.
- Sie müssen sich an die geltenden Lehrpläne halten.
Ersatzschulen bekommen Geld vom Staat
Ersatzschulen erhalten pro Schüler einen Finanzausgleich vom Staat, der je nach Bundesland unterschiedlich ist, aber im Schnitt bei circa zwei Dritteln der Kosten liegt, die der Schüler an einer staatlichen Schule verursachen würde. Diesen Finanzausgleich erhalten die Schulen aber in der Regel frühestens drei Jahre nach ihrer Gründung. Einzige weitere Einnahmequelle für Ersatzschulen ist das Schulgeld der Eltern, das laut Grundgesetz so bemessen sein muss, dass „eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird.“ Quelle: Verband deutscher Privatschulverbände e.V.
In Bayern und auch in vielen anderen Bundesländern wird zwischen anerkannten und genehmigten Ersatzschulen unterschieden. Nur staatlich anerkannte Ersatzschulen können die Abschlüsse Abitur oder Mittlere Reife selber abnehmen. Die Schülerinnen und Schüler staatlich genehmigter Ersatzschulen müssen diese Abschlüsse in externen Prüfungen durchführen. Bei einem Wechsel auf eine öffentliche Schule oder auf eine staatlich anerkannte Schule muss oft eine Aufnahmeprüfung abgelegt werden, weil die Zeugnisse nicht anerkannt werden.
Das macht Ergänzungsschulen aus:
Ergänzungsschulen sind Schulen in freier Trägerschaft, die Unterrichtsinhalte anbieten, die staatliche Schulen und Ersatzschulen so nicht kennen.
Ergänzungsschulen (schwerpunktmäßig im berufsbildenden Bereich für Auszubildende, aber auch im allgemein bildenden Bereich für alle Klassenstufen):
- Sie unterscheiden sich in allgemeinbildende, berufsbildender, ausländische und internationale Ergänzungsschulen.
- Sie erhalten keine staatliche Förderung.
- Staatlich anerkannte Abschlüsse können hier nicht erworben werden.
- Prüfungen werden extern vor staatlichen Prüfungskommissionen abgelegt.
- An anerkannten internationalen Ergänzungsschulen kann ausnahmsweise die Schulpflicht erfüllt werden. Eine Ausnahmegenehmigung des zuständigen Schulamts ist dann nicht erforderlich.
Welche Privatschulen besuchen deutsche Kinder am häufigsten?
Laut einer Statistik des Statistischen Bundesamts im Schuljahr 2020/2021 sind die Anteile wie folgt:
- Freie Waldorfschulen: 2,8 Prozent
- Katholische Privatschulen: 1,9 Prozent
- Evangelische Privatschulen: 1,0 Prozent
- Sonstige allgemeinbildende Schulen: 1,6 Prozent
- Schulen in freier Trägerschaft mit besonderen pädagogischen Konzepten: 1,4 Prozent
- Schulen in freier Trägerschaft mit einem bestimmten Bekenntnis oder einer weltanschaulichen Ausrichtung: 0,9 Prozent
Die Waldorfschulen haben in den letzten Jahren aufgeholt, die kirchlichen Träger SchülerInnen verloren. Das liegt zum einen am Angebot in der Nähe des Elternhauses, aber auch am Ruf der Schulformen. Während kirchliche Institutionen mit negativen Schlagzeilen besonders im Bereich des Missbrauchs auf sich aufmerksam machen, fehlen solche Meldungen bei anderen Trägern. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Werte nur grobe Schätzungen sind und je nach Bundesland und Region variieren können.
Das schätzen Eltern an privaten Grundschulen
- Private Grundschulen bieten oft ein breiteres Unterrichtsspektrum als öffentliche Schulen an. So gibt es beispielsweise Schulen mit besonderen Schwerpunkten wie Musik, Kunst oder Fremdsprachen. Auch pädagogische Konzepte können sich unterscheiden.
- Private Schulen haben oft kleinere Klassen als öffentliche Schulen. Das ermöglicht eine individuellere Betreuung der Schülerinnen und Schüler.
- Private Grundschulen bieten oft bilingualen Unterricht an, sodass eine oder mehrere Fremdsprachen schon früh erlernt werden.
- Private Grundschulen vermitteln Eltern ein höheres Sicherheitsgefühl, da sie von einer zahlungskräftigen Klientel genutzt werden.
- Der Leistungsanspruch an privaten Grundschulen ist oft höher als an öffentlichen Schulen, da hier die Schülerschaft ausgewählt werden kann.
- Das Mitspracherecht der Eltern ist oder scheint an Privatschulen größer zu sein, zumindest sind hier die Eltern meist sehr engagiert. Elternabende „ohne“ Eltern sind beispielsweise eher selten.
Wichtig: In allen genannten Schulen ist ein Stipendium auf Antrag möglich. Obwohl für Privatschulen fast immer ein Schulgeld bezahlt werden muss, sieht das in Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland anders aus. Hier darf der Besuch einer Privatschule nicht an finanzielle Mittel geknüpft werden. In Rheinland-Pfalz besteht „Schulgeld-Verbot“ für private Ersatzschulen, die von der staatlichen Finanzhilfe profitieren möchten; eine Ausnahme gibt es für Schulen, die schon vor 1971 bestanden haben.