Kinder lieben Gedichte! Sie bieten eine wunderbare Möglichkeit, sich mit Sprache auseinanderzusetzen und seine Gefühle auszudrücken. Auch schon für Kinder! Daneben schulen sie den Wortschatz und die Ausdrucksweise und schärfen den Blick aufs Wesentliche. Gedichte selber schreiben – eine tolle Möglichkeit, Kinder sinnvoll zu beschäftigen.
Gedichte selber schreiben- tolles Training für das Gehirn
Ein verschneiter Januarmorgen, ein eiskalter Winterabend oder ein gemütlicher Spielenachmittag im Kinderzimmer stellen Eltern immer wieder aufs Neue vor die Frage, wie ihre Kinder am sinnvollsten zu beschäftigen sind, ohne allzuviel Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen. Versuchen Sie es doch mal mit unseren Vorschlägen rund um das Gedicht! Als Gegenpol zur allgegenwärtigen Reizüberflutung zwingt das Verfassen eines Gedichtes fast schon zum detaillierten und genauen Hinsehen sowie zum präzisen Umgang mit Worten. Und auch das Lesen und Verstehen von Lyrik gelingt Grundschülern schon ganz leicht, wenn sie sich mit dem Inhalt spielerisch auseinandersetzen dürfen.
Unser YouTube Video zum Thema Gedichte findet großen Anklang bei Schüler*innen. Viele von ihnen versuchen selber, etwas zu Papier zu bringen. Andere geben Anregungen, damit wir etwas daraus machen. Auch so lernen sie.
5 Möglichkeiten, um den Zugang zu Gedichten zu finden
Natürlich brauchen Grundschüler Gedichte, mit denen sie etwas anfangen können. Sie sollten nicht zu lang sein und sich thematisch in der Leben- oder Vorstellungswelt der Kinder bewegen. Lesen Sie Ihrem Kind vier oder fünf ausgewählte Gedichte vor und lassen Sie es auswählen, welches ihm am besten gefällt. Zu dieser Lyrik können Sie nun verschiedene Aufgaben stellen, die Ihrem Kind dabei helfen, sich aktiv mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Am Beispiel des Gedichtes: Das große, kecke Zeitungsblatt von Guggenmos könnte das so aussehen:
- Das Gedicht mit eigenen Worten wiedergeben, um sicherzustellen, dass Ihr Kind es verstanden hat. „Eine Zeitungsseite fliegt durch die windigen Straßen, mal hüpft es ganz wild durch die Luft, mal bleibt es am Boden liegen – eben gerade wie der Wind es erwischt. Immer wenn die Zeitung gefangen werden soll, bläst der Wind sie weiter.“
- Zu dem Gedicht passende Geräusche machen. Einer liest es vor, der andere macht seine selbst erzeugten Geräusche. Dazu könnte ein Zeitungsblatt benutzt werden, das durch die Luft flattert und manchmal einreißt, ein Kind könnte Sturmgeräusche erzeugen oder ein enttäuschtes „Ah, Pech gehabt!“, wenn die Zeitung sich wieder im Wind entfernt.
- Natürlich bietet es sich auch an, das Gedicht als Bild zu malen. Ob mit Buntstiften, Filzstiften, Wachsmalkreiden oder Wassserfarben bleibt dabei ganz Ihrem Kind überlassen. Wie es letztlich aussieht bestimmen die Fantasie und die Vorstellungskraft des Malers. Lassen Sie es anschließend das Gedicht auf die Rückseite schreiben oder auch an passender Stelle direkt in das Bild. Übrigens – ein prima Geburtstagsgeschenk für Verwandte.
- Als nächste Möglichkeit kann das Gedicht gespielt werden. Das macht mehr Spaß, wenn sich mehrere Kinder daran beteiligen. Lassen Sie sie kleine Szenen ausdenken und sich gegenseitig vorspielen. Einer ist die Zeitung, ein anderer der Zeitungsfänger und ein drittes Kind vielleicht der Kiosk, an dem die Zeitung verkauft wurde? Muss das Wohnzimmer dafür etwas umgeräumt werden? Kein Problem, wenn Ihr Kind dadurch Spaß an Gedichten bekommt, die es vielleicht ein Leben lang weiterentwickelt.
- Auch Collagen können zu einem Gedicht wunderbar angefertigt werden. Die Kinder brauchen nur eine Reihe alter Prospekte oder Zeitungen, aus denen sie passende Bilder ausschneiden können. Beim Schneiden und Kleben entwickeln sich Gespräche über das Gedicht, der Inhalt wird diskutiert und das fertige „Kunstobjekt“ erzählt schließlich seine ganz eigene Geschichte.
Veranstalten Sie doch mit den künstlerischen Ergebnissen der Kinder eine richtige Vernissage, zu der alle Verwandten und Bekannten eingeladen werden. Zu Beginn können zwei oder mehr Kinder das jeweilige Gedicht vortragen in verschiedenen Interpretationen vortragen. Ich bin sicher, auch wenn die Verwandten keine Freunde von Lyrik sind, werden sie dieser Auseinandersetzung mit Gedichten sicher etwas Positives abgewinnen können.
Noch besser: Selber dichten
Durch das Schreiben von Lyrik wird der kindliche Blick geschärft und eine größere Empfindungsbreite geschaffen, besonders wenn es um Eindrücke aus der Natur geht. Nutzen Sie doch den nächsten Waldspaziergang einmal dazu, Ihr Kind zu einem selbst verfassten Gedicht zu inspirieren. Das geht ganz einfach mit einem
- Elfchen,
- einem Haiku oder einen einfachen
- ABAB Reim. Schwieriger wird es bei einem
- Limerick oder einem
- langen Gedicht. Aber auch hier gilt, Übung macht den Meister oder die Meisterin.
5 Schritte, um ein Naturgedicht zu verfassen
1. Thema finden
Am Anfang muss sich Ihr Kind für ein Thema aus der Natur entscheiden, zu dem es dann ein Gedicht verfassen wird. Ohne sich seine Umgebung genau anzusehen, klappt das jedoch nicht. Stellen Sie sich den verschneiten Winterwald vor, in dem Sie mit Ihrem Kind über knirschenden Schnee laufen. Was sehen Sie alles? Welche Eindrücke empfängt Ihr Kind? Stellen Sie ihm folgende Fragen:
– Was riechst du?
– Was siehst du?
– Was hörst du?
– Was fühlst du?
– Was empfindest du?
Sprechen Sie geduldig über die Eindrücke Ihres Kindes und haken Sie nach. Wie riecht denn die Luft genau? Ist es ein helles oder ein tiefes Knirschen, das du hörst? Fühlst du dich entspannt, glücklich, angestrengt, unruhig oder vielleicht müde?
2. Ins Details gehen
Schärfen Sie den Blick fürs Detail! Schneiden Sie aus einem Blatt Papier einen circa 5 cm breiten Rahmen, durch den Ihr Kind Ausschnitte des Waldes betrachten soll. Sprechen Sie nun erneut über die Eindrücke, die durch den Rahmen hervorgehoben werden. Lassen Sie Ihr Kind die Eindrücke aufschreiben, fragen Sie immer wieder nach, damit die Notizen so genau wie möglich werden. Mit dieser Methode lernt Ihr Kind noch genauer hinzusehen, sich auch Kleinigkeiten zu merken und seine Sinne auf bestimmte Ausschnitte des Ganzen zu lenken. Lyrik ist eine sehr präzise Art und Weise, Dinge zu beschreiben. Daher ist es wichtig, dass Ihr Kind beispielsweise nicht nur von einem Schneemann, sondern von einer kugeligen, schmutzig-weißen Schneefigur spricht. Doch dazu benötigt es Anleitung und Ihre Unterstützung.
3. Sammeln und sortieren
Lassen Sie Ihr Kind zu Hause oder bei einem heißen Kakao in einem Café nun die gesammelten Eindrucke sortieren, und zwar vom Allgemeinen zum besonderen. Vielleicht wird zuerst der Himmel beschrieben, als wichtigster Gesamteindruck. Fragen Sie Ihr Kind, wie es die einzelnen Aspekte oder Wahrnehmungen (die Notizen) sortieren würde und warum das so ist.
4. Überschrift finden
Die Überschrift gibt die Richtung an, deshalb sollte sie nun hinzugefügt werden. „Was beschreibt dein Gedicht?“ könnte die Frage sein, die zur Überschrift führt.
5. Das Gedicht verbessern
Etwas lyrisch auszudrücken bedeutet fast immer auch, es in möglichst kurzer, prägnanter Form mit aussagekräftigen Wiewörtern (Adjektiven) zu beschreiben. Es gilt also, überflüssige Wörter zu streichen und lange Beschreibungen durch Metaphern (Bilder) zu ersetzen, zum Beispiel grau und trübe durch weint bitterlich. Sprechen Sie über verschiedene Möglichkeiten, das Gedicht noch zu kürzen oder zu verändern, sodass es die beschriebene Situation noch treffender beschreibt.
6. Anerkennung für den Dichter
Nach getaner Arbeit sollte der Dichter für sein Werk gelobt werden. Suchen Sie also eine Möglichkeit, das kleine lyrische Werk zu präsentieren. Wie wäre es denn, wenn es als lyrische Dekoration auf den Tischkarten steht, vielleicht zum nächsten Geburtstagsfestmahl der Oma? Oder Ihr Kind malt noch ein Herbstbild um das Gedicht herum und das Gesamtwerk wird in einem Rahmen im Wohnzimmer aufgehängt?
Mein Tipp:
Mit Gold- oder Silberstiften auf schwarze oder dunkelblaue Pappe geschrieben sieht das erste eigene Gedicht sehr edel aus. Der Rahmen kann dann noch verziert werden. Nehmen Sie eine dicke Nähnadel und ziehen Sie einen goldenen oder silbernen Faden im Zick-Zack-Stich rund um die Pappe. Keine Frage: Der oder die künftige Dichter*in wird beeindruckt sein und vielleicht schon bei der nächsten Gelegenheit erneut dichten.