Die Entwicklung der Digitalisierung an deutschen Schulen, also die Einführung digitaler Schulbücher und Geräte, ist ein langwieriger und dynamischer Prozess, der allerdings durch eine auffällige Heterogenität geprägt ist. Während manche Bildungseinrichtungen digitale Medien bereits umfassend in ihren Alltag integriert haben, beispielsweise viele Privatschulen, und auf fortschrittliche Technologien wie Tablets und interaktive Whiteboards zurückgreifen, steht eine Reihe anderer Schulen noch am Anfang dieses Weges. Diese Unterschiedlichkeit in der Ausstattung und im technologischen Know-how ist zum Teil auf die komplexen Bewilligungsverfahren für staatliche Fördergelder zurückzuführen.
In Deutschland sind digitale Schulbücher auf dem Vormarsch
Prognosen zufolge ist daher mit einem Anstieg des Anteils digitaler Lehrmittel im Schulbuchmarkt in den kommenden Jahren zu rechnen. Dies lässt darauf schließen, dass digitale Schulbücher in Deutschland künftig eine immer wichtigere Rolle einnehmen werden. Das entspricht dem Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen – aber ob das clever ist? Dem entgegen stehen die neusten Erkenntnisse des schwedischen Bildungssystems, die schon wieder an der Abkehr der digitalen Schulbücher arbeiten.
Schweden lernt wieder traditioneller
Schweden hat in den letzten Jahren eine signifikante Veränderung in seiner Bildungspolitik vorgenommen, indem es von einer stark digitalisierten Lernumgebung (digitale Schulbücher und -geräte) zurück zu traditionelleren Lehrmethoden wechselt, insbesondere durch die Wiedereinführung von gedruckten Schulbüchern.
Lange Zeit war Schweden für seine digitalen Klassenzimmer bekannt. Doch diese Entwicklung hat sich als problematisch herausgestellt, da die Lernkompetenz der Schüler stark zurückgegangen ist. Als Reaktion darauf hat die schwedische Regierung beschlossen, den Schwerpunkt wieder mehr auf Bücher zu legen. Die Schüler erkennen aktuell, dass physische Bücher mehr Beschreibungen enthalten und zum aktiven Lesen anregen, im Gegensatz zu den vorgelesenen Aufgaben am Computer.
Digitale Schulbücher Schuld an Lesekompetenz-Verlust?
Bisherige Erfahrungen zeigten, dass schwedische Schüler in den letzten fünf Jahren an Lesekompetenz (PISA) verloren haben. Dies führte zu einer strategischen Änderung in der Bildungspolitik: Anstelle von digitalen Unterrichtsmethoden wird nun wieder verstärkt auf traditionelle Bildungsmethoden gesetzt. Die konservative Bildungsministerin Lotta Edholm, kündigte an, die nationale Digitalisierungsstrategie in den Schulen zu reduzieren. Sie betonte die Wichtigkeit physischer Bücher für das Lernen und plant, digitales Lernen im Kindergarten und in der Vorschule vollständig zu verbieten.
Schweden zieht die Notbremse
Das renommierte Karolinska-Institut unterstützt diese Entscheidung und hebt hervor, dass digitale Schulbücher und Geräte das Lernen eher einschränken. Empfohlen wird, dass die Wissensvermittlung besser durch gedruckte Bücher erfolgen sollte. Zudem hat sich die Bildungsministerin Lotta Edholm das Ziel gesetzt, in Zukunft wieder stärker auf gedruckte Bücher und Handschrift in den Schulen zu setzen statt auf Tablets und das Netz.
Diese Umstellung auf traditionelle Lehrmethoden ist ein bemerkenswerter Schritt, insbesondere da Schweden früher als digitaler Vorreiter im Bildungsbereich galt. Die Regierung erkennt jetzt, dass die umfassende Digitalisierung die Lernkompetenzen der Schüler negativ beeinflussen könnte.
Vorteile von digitalen Schulbüchern
- Zugänglichkeit und Aktualisierung: Digitale Bücher können leicht aktualisiert werden, um neueste Informationen und Änderungen im Lehrplan zu berücksichtigen. Dies gewährleistet, dass Schülerinnen und Schüler immer Zugang zu den aktuellsten Materialien haben.
2. Interaktivität: Digitale Bücher bieten oft interaktive Elemente wie Videos, Quizzes und Animationen, die das Lernen ansprechender und interaktiver gestalten können.
3. Platz- und Ressourcenersparnis: Digitale Bücher sparen physischen Platz in Schulen und bei Schülern zu Hause. Zudem entfällt das Bedürfnis, physische Kopien zu drucken, was Ressourcen schont.
4. Einfacher Zugang für Schüler mit besonderen Bedürfnissen: Digitale Bücher können Features wie Text-zu-Sprache oder anpassbare Schriftgrößen bieten, die Schülern mit Sehbehinderungen oder Lernschwierigkeiten zugutekommen.
5. Erleichterung der Zusammenarbeit und des Fernunterrichts: Digitale Plattformen erleichtern die Zusammenarbeit unter Schülern und die Durchführung von Fernunterricht, insbesondere in Zeiten von Pandemien oder anderen Ausnahmesituationen.
Nachteile von digitalen Schulbüchern
- Bildschirmzeit und Augenbelastung: Längere Bildschirmzeit kann zu Augenbelastung und anderen gesundheitlichen Problemen führen, besonders bei jüngeren Schülern.
2. Ablenkung und Konzentrationsprobleme: Digitale Geräte können leicht zu Ablenkungen führen, vornehmlich wenn Schüler Zugang zu Spielen, sozialen Medien oder anderen nicht bildungsbezogenen Anwendungen haben.
3. Technologiezugang und -kompetenz: Nicht alle Schüler haben gleichermaßen Zugang zu den notwendigen technologischen Geräten oder dem Internet. Zudem kann die erforderliche Technologiekompetenz bei einigen Schülern und Lehrkräften fehlen.
4. Verlust traditioneller Lese- und Schreibfähigkeiten: Die ausschließliche Nutzung digitaler Bücher kann zu einem Verlust traditioneller Lese- und Schreibfähigkeiten führen, wie beispielsweise der Fähigkeit, handschriftlich zu notieren oder gedruckte Texte zu analysieren.
5. Datenschutz und Sicherheit: Digitale Bildungsplattformen können Datenschutz- und Sicherheitsrisiken bergen, speziell wenn sie persönliche Daten von Schülern speichern.
Diese Aspekte zeigen, dass die Entscheidung für oder gegen digitalisierte Unterrichtsbücher von verschiedenen Faktoren abhängt, darunter technologische Infrastruktur, Bildungsziele und individuelle Bedürfnisse der Schüler.