Sprachen lernen in jedem Alter – das sagt die Wissenschaft

Sprachen lernen in jedem Alter

Die bekannte Critical Period Hypothesis drückt in der Wissenschaft die Theorie aus, dass es ein biologisch festgelegtes Zeitfenster gibt, in dem das menschliche Gehirn besonders empfänglich für das Erlernen einer Fremdsprache ist. Manche Wissenschaftler wie Esser gehen hierbei davon aus, dass Kinder bis zur Pubertät deutlich leichter und natürlicher eine Fremdsprache erlernen können als ab der Pubertät. Ab dann würde das Sprachenlernen schwieriger fallen, vor allem was die Aussprache und das Gefühl für die Grammatik betrifft. Andere Wissenschaftler wie Czinglar meinen hingegen, dass ein solches Zeitfenster nicht existiert und sowohl Kinder als auch Erwachsene spezifische Vorteile haben, um eine Sprache zu erlernen. Diese Vorteile sollen im Folgenden gezeigt werden.

Vorteile des Sprachenlernens in der frühen Kindheit 

In der frühen Kindheit gibt es einige Vorteile, die Erwachsene beim Erwerben einer Sprache nicht aufweisen. Dazu gehört laut Czinglar vorrangig die Gehirnplastizität, welche bei Kindern extrem formbar und anpassungsfähig ist. Dadurch können neue Wörter, Laute und Grammatikstrukturen intuitiv aufgenommen und verarbeitet werden, ohne sie jemals aktiv zu lernen. Das trägt dazu bei, dass es für Kinder leichter ist, eine akzentfreie Aussprache zu erreichen, da sie gehörte Laute besser unterscheiden und verarbeiten können. Zudem haben Kinder weniger Hemmungen, Wörter falsch auszusprechen und reden so einfacher und ohne sich viele Gedanken zu machen in der Fremdsprache. Diese beiden Faktoren helfen Kindern dabei, eine Aussprache wie die von Muttersprachlern zu erreichen. 

Ein weiterer Vorteil ist, dass Kinder ein gewisses „Gefühl” für Sprachstrukturen wie die Grammatik entwickeln und nicht die expliziten dazugehörigen Regeln erlernen müssen. Dieses „Gefühl” ermöglicht einen Spracherwerb fern von dauerhaftem aktivem Vokabeln- und Grammatiklernen sowie Aussprachetraining. Dies resultiert laut dem Goethe-Institut darin, dass der Spracherwerb mehr Spaß macht und die Kinder trotzdem lernen, Alltagssituationen in der Fremdsprache zu bewältigen.  

Lebenslange Strategien: Fremdsprachenerwerb als Erwachsene 

Wer als erwachsene Person eine neue Fremdsprache erlernen möchte, mag zwar nicht dieselbe Gehirnplastizität haben wie Kinder, dafür haben sie andere Vorteile beim Sprachenlernen. Einer dieser Vorteile ist, dass man mehr Konzentrationsfähigkeit und Motivation zum Sprachenlernen hat. Oftmals lernt man als erwachsene Person laut der Stiftung Warentest eine Fremdsprache aus Eigeninteresse oder für eine neue Jobchance. Dadurch können die Motivation und der Tatendrang höher sein als bei Kindern, wovon man profitieren sollte. 

Das Gehirn hat es jedoch nicht mehr so leicht wie in der Kindheit, eine Sprache zu lernen, weshalb es laut Ginghină wichtig ist, dass man passende individuelle Lernstrategien verwendet. Manche mögen so etwa einen Englisch Kurs Online wie von Lingoda, hilfreich und zielführend für den Fremdsprachenerwerb finden, während andere lieber mit einer Sprachlernapp oder mit einem Sprachlernbuch üben. Andere wiederum können nur an einer Sprachschule in Präsenz in die neue Sprache eintauchen. Das heißt, dass es für Erwachsene nicht die eine perfekte Strategie zum Spracherwerb gibt. Vielmehr ist es wichtig, dass auf die persönlichen Präferenzen geachtet wird und diese in den Vordergrund des Sprachenlernens gestellt werden.

Praktische Tipps für jede Lebensphase

Für jede Lebensphase gibt es, aufgrund der unterschiedlichen Prädispositionen, verschiedene Lerntipps. Kinder sollten primär durch Immersion die Sprache erlernen. Das heißt, dass Kinder in einer Umgebung aufwachsen sollten, in welcher die Fremdsprache regelmäßig gesprochen und benutzt wird. Dies ist etwa in bilingualen Kindergärten der Fall. Auch könnte man zu Hause darauf achten, dass ein Elternteil die Sprache konsequent mit dem Kind spricht. Laut Burger sind zusätzlich Filme eine hervorragende Ressource, um die Kinder mit der Sprache vertraut zu machen. Auch entsprechende Kinderbücher sowie Musik oder Hörbücher sollten zur Verfügung gestellt werden. 

Ab dem jugendlichen Alter sollte man den Fokus darauf legen, neben der Immersion auch weitere Strategien anzuwenden. Dazu gehören aktives Vokabel- und Grammatiklernen, Sprachtandems finden oder an Austauschprogrammen teilnehmen. Nach Burger ist weiterhin die Immersion durch Filme genauso wie durch Bücher und Musik wichtig, jedoch ist aktives Lernen durch Lernbücher oder -Apps und Sprachunterricht genauso relevant. Schröpf merkt außerdem an, dass das Spielen von Videospielen ab dem Jugendalter einen positiven Einfluss auf den Spracherwerb hat. Schließlich können Erwachsene davon profitieren, auf Reisen oder im Job die erlernte Sprache direkt anzuwenden, indem sie sich mit Muttersprachlern austauschen.

Fazit

Die Critical Period Hypothesis ist, wie der Name es schon sagt, nur eine Hypothese. In der Realität haben sowohl Kinder als auch Erwachsene unterschiedliche Vorteile beim Erwerb einer Fremdsprache, die sich in den verschiedenen Sprachlernmethoden widerspiegeln. Ein Fremdsprachenerwerb ergibt nämlich in jedem Alter Sinn – nicht nur für das soziale und berufliche Umfeld und fürs Reisen, sondern auch für die kognitiven Fähigkeiten des Gehirns.