Konzentrationsschwächen nehmen weltweit zu. Immer mehr Kinder und Jugendliche zeigen alarmierende Zeichen von digitaler Verwahrlosung oder Abhängigkeit. Ja okay, vielleicht denken Sie, ich springe jetzt auch auf den Medien-Verteuflungs-Zug auf? Aber das stimmt nur zum Teil. Als Lerntherapeutin UND begeisterte Mediennutzerin beobachte ich die Verhaltensänderungen schon sehr lange. Früher hatten wir kluge Kinder, heute haben wir kluge Kinder, die nichts aus ihrem Potenzial machen.
Die Möglichkeiten im Netz fand ich großartig
Bereits 1997 entwickelte ich die Internetseite www.lernfoerderung.de (damals noch als Html-Version selber geschrieben) und habe sie sei dem weiterentwickelt. Über dieses „Hobby“ war und bin ich immer sehr eng mit den aktuellen Entwicklungen verbunden. Lernvideos, Elternberatung, Tipps zum Schulerfolg und Vernetzung von klugen Kindern weltweit stellte ich mir fantastisch vor. Vieles ist heute selbstverständlich, aber hat es unseren Kindern genutzt?
Die Konzentrationsfähigkeit hat gelitten
- Fast alle Kinder können sich nicht mehr lange konzentrieren.
- Spätestens ab Klasse 5 wird der Wunsch nach einem eigenen Smartphone lebensbestimmend (daher haben 95% der Jugendlichen auch eines)
- Medienkompetenz ist nur rudimentär vorhanden, viele User glauben alles, was das Smartphone meldet
- Push-Nachrichten oder anderen Benachrichtigungen aus den diversen Apps kann kaum einer widerstehen, es wird direkt nachgeschaut.
- Smartphones sind allgegenwärtig, Kinder kopieren dabei lediglich ihre Eltern, die sich auch nicht entziehen können.
- Die Schulleistungen von Jungen sind dramatisch gesunken, seit Fortnite in ihre Medienwelt Einzug gehalten hat.
- Mobbing ist dramatisch gestiegen, seit WhatsApp, Instagram, TikTok oder Facebook das Lästern so wunderbar einfach gemacht haben.
Alle Studien erzählen die gleiche traurige Geschichte
Eltern und Lehrkräfte sind total überfordert. Aktuellen Entwicklungen hängen sie hoffnungslos hinterher. Neue Bedrohungen, Apps, Strömungen oder Trends bekommen sie viel zu spät mit, um richtig reagieren zu können. Cybermobbing, Cybersex, Sexting, Hatespeech und Pädophilie haben massiven Einzug in das Leben unserer niedlichen Kinderherzen genommen. Und natürlich auch die schwindende Konzentrationsfähigkeit.
Dabei ist das Potenzial nach wie vor vorhanden. Wer motiviert und begeistert im Internet kreativ ist, der profitiert auch von den Möglichkeiten. Kinder können coden, Videos erstellen, Geschichten schreiben und veröffentlichen, Kontakte knüpfen und sich über alle Ländergrenzen hinweg informieren und organisieren. Aber nur wenige kluge Kinder machen das.
Konzentration und Aufmerksamkeit: So sieht die Entwicklung aus
Früher: Längere Aufmerksamkeitsspanne
In der Vergangenheit hatten SchülerInnen eine längere Aufmerksamkeitsspanne. Eine Studie der American Psychological Association zeigt, dass College-Studenten in den 1990er Jahren in der Lage waren, sich etwa 20 Minuten am Stück zu konzentrieren. Dies ermöglichte längere und intensivere Lernphasen, ohne dass häufige Pausen nötig waren.
Heute: Kürzere Aufmerksamkeitsspanne
Mit dem Aufkommen digitaler Technologien und der zunehmenden Nutzung von Smartphones und sozialen Medien hat sich die Aufmerksamkeitsspanne drastisch verkürzt. Laut einer Untersuchung von Microsoft sank die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne von Jugendlichen und jungen Erwachsenen von 12 Sekunden im Jahr 2000 auf nur noch 8 Sekunden im Jahr 2016. Diese Entwicklung wird oft als „Goldfisch-Effekt“ bezeichnet, da Goldfische eine Aufmerksamkeitsspanne von etwa 9 Sekunden haben .
Gründe für die Veränderung
1. Digitale Ablenkungen
Die ständige Verfügbarkeit von Smartphones und die Nutzung sozialer Medien führen zu häufigen Unterbrechungen und Ablenkungen. Studien zeigen, dass die kontinuierliche Nutzung digitaler Geräte das Gehirn daran gewöhnt, schnell zwischen verschiedenen Reizen zu wechseln, was die Fähigkeit zur langfristigen Fokussierung beeinträchtigt.
2. Informationsüberfluss
Heutzutage sind SchülerInnen einer Flut von Informationen ausgesetzt, die es ihnen schwer macht, ihre Aufmerksamkeit über längere Zeiträume auf eine Aufgabe zu richten. Eine Studie der George Lucas Educational Foundation fand heraus, dass 54 % der SchülerInnen während des Unterrichts ihre Handys nutzen, was zu einer verminderten Informationsaufnahme und schlechteren Leistungen führt .
Auswirkungen auf das Lernen
1. Verminderte Informationsaufnahme
Durch die verkürzte Aufmerksamkeitsspanne wird es für SchülerInnen schwieriger, komplexe Informationen zu verarbeiten und langfristig zu behalten. Dies wirkt sich negativ auf die Lernleistung und die schulischen Ergebnisse aus.
2. Erhöhte kognitive Belastung
Die ständigen Unterbrechungen durch digitale Geräte erhöhen die kognitive Belastung und führen zu Stress und Ermüdung, was die Konzentrationsfähigkeit weiter verringert.
Leider Realität: Konzentrationsschwächen. Sprachprobleme. Hyperaktivität.
Wollen Eltern das wirklich? Nein, würden alle mit einer Stimme skalieren. Aber was können Sie in der echten, anstrengenden, hektischen oder stressigen Welt dagegen tun? Gegen Konzentrationsprobleme und Cybermobbing. Meine Anregungen:
- Smartphones niemals vor der 5. Klasse, besser erst in der 7. Klasse
- Kleinkinder bis 3 Jahren überhaupt nicht vor digitale Medien setzen
- Vorschul- und Grundschulkinder nicht länger als eine halbe oder eine Stunde am Tag am Bildschirm „parken“
- Sehr viele Alternativangebote machen (Sportverein, Freunde treffen, gemeinsame Ausflüge, kochen, essen, spielen…)
- Das Internet als kreative Spielwiese nutzen, nicht als plumpe Ablenkung vom Alltag.
- Medienkompetenz thematisieren, jeden Tag, immer wieder…. bis die Pubertierenden es nicht mehr hören können (aber auch nicht mehr müssen).
Ich kann frustrierte Lehrkräfte verstehen
Kluge Kinder sind der Honig im Joghurt der Lehrkräfte, das Licht am Horizont, die Berechtigung für den Beruf oder die Orchidee im Blumenbeet. Alle Lehrkräfte wünschen sich, vorhandenes Potenzial zu fördern, Kinder zu begeistern oder ihnen neue Welten zu eröffnen. Wenn Kinder und Jugendliche aber nicht mal mehr 10 Minuten lang Konzentration aufbringen, um den Gedanken der Lehrerinnen und Lehrer zu folgen, macht lehren keinen Sinn mehr.
Eure Uta