10 Tipps, um die Autonomiephase deines Kindes zu überstehen

Mit der Autonomiephase eines Kindes ist gewöhnlich die Trotzphase im Alter zwischen ca. zwei und vier Jahren gemeint. Rückblickend auf die Erziehungsphase meiner Kinder muss ich jedoch sagen, dass die Autonomiephase erst sehr viel später abgeschlossen wird, nach Kindergarten, Schule, Ausbildung. Es beginnt mit der Trotzphase und es wird erst dann auf, wenn die Kinder ausgezogen sind, einen Beruf ausüben und eventuell selber Eltern geworden sind.

Autonomie ist das Ziel jeder Erziehung

So sollte es jedenfalls sein. Vom ersten Atemzug deines Kindes an versuchst du, es stark für das Leben zu machen. Du bringst ihm alles bei, was es braucht und was du bereits gelernt hast. Anfangs geht es um ganz rudimentäre Dinge wie alleine essen, laufen ohnehin zu fallen oder nach Hause zu finden. Später kommen viele Kompetenzen hinzu. Dein Kind soll sich in der Schule und im Beruf zurechtfinden, ein angemessenes Sozialverhalten entwickeln und auch gute Kontakte zu seiner eigenen Familie und zu Freunden behalten.

Autonomiephasen
Autonomiephasen

Die Autonomiephasen machen es immer wieder schwer

Es wäre ja auch zu einfach, wenn dein Kind einfach alle deine Ratschläge und Tipps annehmen würde, ohne sie zu hinterfragen. So funktioniert Erziehung einfach nicht. Die Erfahrungen, die wir als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gemacht haben, lassen sich leider nicht auf unsere eigenen Kinder übertragen. Jeder Mensch macht seine Erfahrungen selbst. Wir können die Kinder aber dabei unterstützen, diese Erfahrungen richtig einzuordnen. Dabei muss uns Eltern immer wieder bewusst sein, dass unsere Kinder eine Entwicklung durchmachen, die bei uns in der Regel bereits abgeschlossen ist. Lassen wir Ihnen also Zeit und nehmen wir trotzige Reaktionen nicht persönlich.

Was passiert in den Autonomiephasen eines Kindes?

Dein Kind entdeckt seinen eigenen Willen, seine Möglichkeiten und seine Grenzen. Es entwickelt Wünsche und Begehrlichkeiten, die es zunächst immer erst versucht durchzusetzen. Dabei zeigt es starke Emotionen, die es erst nach und nach lernt selber zu regulieren. Manche Kinder lernen es auch nie. Alle Eltern sind in dieser Zeit sehr verunsichert und wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Beim ersten Kind ist es am schwierigsten, aber auch die nachfolgenden Kinder sind stets eine Herausforderung.

Trotzphase 1,2 und drei

Die Autonomiebestimmungen eines Kindes oder Jugendlichen lassen sich in drei Lebensphasen einteilen. Der erste Abnabelungsprozess beginnt ca. im Alter von zwei Jahren. Der nächste erstreckt sich über die Grundschulzeit und der dritte verläuft in der Pubertät. Wann genau die einzelnen Phasen beim jeweiligen Kind eintreten, wie stark sie sind und wie lange sie andauern ist sehr unterschiedlich. Das macht es auch so schwer, für alle gültige Verhaltensregeln in der Autonomiephase zu geben.

Allgemeine Verhaltenstipps für die Autonomiephase helfen den meisten Eltern

Daher ist der Umgang mit der Autonomiephase von Kleinkindern, Grundschulkindern und Jugendlichen immer eine Gratwanderung zwischen der eigenen Befindlichkeit, der Persönlichkeit des Kindes und den aktuellen Lebenssituationen.

  1. Der Wahnsinn mit den Emotionen
    Wenn dein Kind seine Emotionen nicht im Griff hat, will es dich damit nicht in den Wahnsinn treiben. Es kämpft vielmehr mit seinen eigenen Dämonen, versucht seine Wut, sein Zorn, seinen Ärger oder seine Frustration zu regulieren. Dabei braucht es Hilfe, am besten von seinen engsten Vertrauten. Zeige deinem Kind, wo der Platz für seine Emotionen ist. Vielleicht darf es laut schreien, in ein Kissen boxen oder durch den Wald rennen.
  2. Nicht persönlich nehmen
    Auf keinen Fall solltest du das trotzige oder wütende Verhalten deines Kindes persönlich nehmen. Es provoziert dich nicht bewusst, sondern es steckt mitten in einem Lernprozess. Sein Bedürfnis nach Selbstständigkeit stößt ständig an Grenzen, die es akzeptieren und nach und nach umgehen muss. Das dauert Zeit.
  3. Nimm dein Kind ernst
    Auch wenn es manchmal lustig erscheint, für dein Kind sind Trotzanfälle und Wutausbrüche bitterer Ernst. Es möchte von den Erwachsenen mit all seinen Wünschen und persönlichen Bedürfnissen ernst genommen werden. Zeige dafür Verständnis und gibt deinem Kind Sicherheit und Vertrauen. Warte geeignete Zeitpunkte ab und spricht mit ihm ruhig und verständnisvoll.
  4. Gib ihm liebevolle Unterstützung im Gefühlschaos
    Liebevolle Unterstützung ist genau das, was dein Kind oder dein Jugendlicher jetzt benötigt. Bis zum Abschluss der Pubertät sind Kinder und Jugendliche sehr ich-bezogen und können die Folgen ihres Handelns oft noch nicht abschätzen. Eltern sind Richtlinie und Vorbild, auch wenn es nicht immer danach aussieht. Zeige deinem Kind, dass sich Probleme auch anders als durch Schreien oder Wutausbrüche lösen lassen.
  5. Traue deinem Kind etwas zu
    In der Autonomiephase geht es darum selbstständiger zu werden. Akzeptiere dieses Bedürfnis deines Kindes und lass es altersgemäß immer mehr Dinge selber machen und selber entscheiden. Das ist ein flexibler Prozess, der sich nach dem Alter und den Kompetenzen Kindes oder Jugendlichen richten muss. Gib ihm so wenig Unterstützung wie nötig und so viel Hilfe wie es braucht.
  6. Grenzen schützen dein Kind
    Kinder und Jugendliche brauchen Grenzen. So wie du ein kleines Kind nicht einfach auf die Straße rennen lässt, weil es zu gefährlich ist, brauchen auch Jugendliche klare Grenzen. Dabei kannst du dich am Jugendschutzgesetz orientieren. Diese Grenzen müssen klar kommuniziert werden, sodass dein Kind genau weiß, was darf und was nicht. Vergiss auf keinen Fall die Grenzen an das Alter deines Kindes anzupassen.
  7. Positive Bestärkung statt vieler Verbote
    Kinder und Jugendliche mögen keine Verbote, deshalb solltest du diese auf das absolute Mindestmaß reduzieren. Versuche dein Kind lieber mit Angeboten und positiver Unterstützung zu steuern. Anstatt dich über das unordentliche Kinderzimmer aufzuregen, kannst du mal probieren, etwas Positives im Chaos zu finden und dieses explizit anzusprechen. Das könnte dein Kind dazu bewegen, dieses positive Verhalten weiter zu zeigen.
  8. Traurigkeit und Frust gehören auch dazu
    Dein Kind darf traurig, frustriert und wütend sein. Besonders wenn es an seine Grenzen stößt oder Regeln einhalten soll, werden seine Emotionen gefordert. Das ist völlig in Ordnung, diese Gefühle lernt es nach und nach zu überwinden. Erkläre deinem Kind, dass du seine schlechte Laune verstehen kann, sich aber an der aktuellen Regel im Moment nicht ändern wird.
  9. Sei gerecht und konsequent
    Konsequenz ist sowohl bei kleinen als auch bei großen Kindern ein wichtiger Erziehungsfaktor. Konsequentes Handeln gibt deinem Kind und deinem Jugendlichen Verhaltens Sicherheit und einen klaren Handlungsspielraum. Vielleicht glaubst du, dein Kind durch konsequentes Verhalten zu sehr einzuschränken? Dann überlege langfristig die Regeln zu ändern.
  10. Erfolgserlebnisse braucht jeder Mensch
    Erfolgserlebnisse helfen Kindern und Jugendlichen dabei, selbstbewusst zu werden und sich selber immer besser kennen zu lernen. Ermögliche deinem Kind etwas Wichtiges zu tun. Gib ihm einen wertvollen Platz in der Familie, eine wichtige Aufgabe. Mit der Erfahrung durch den eigenen Willen und die eigenen Fähigkeiten etwas verändern zu können, wird seine Selbstwirksamkeitswahrnehmung gestärkt.

Bleibe gelassen und habe Vertrauen in dein Kind

Das Verhalten von Kindern und Jugendlichen in der Autonomiephase ist vollkommen normal und wichtig. Mache dir immer klar, dass schwierige Situationen zum Erziehungsalltag dazugehören. Niemand kommt perfekt auf die Welt. So wie du dein Leben auch immer wieder neue sortierst, so muss auch dein Kind Tag für Tag mit Herausforderungen und Problemen zurechtkommen. Und davon gibt es wirklich genug.

Die Autonomiephasen sind Chancen

Wenn dein Kind oder Jugendlicher so eine Phase durchlaufen hat, ist es nicht nur klüger, selbstbewusster und stärker, sondern es hat auch einen weiteren großen Schritt in das Erwachsenenleben gemacht. Denke immer daran, dass dein Ziel in der Erziehung die Selbstständigkeit deines Kindes ist. Je besser es in der Welt ohne seine Eltern zurechtkommt, desto besser hast du deine Aufgabe gelöst. Und vergiss nie, Eltern bleiben immer wichtig!