Kann man Krieg erklären?

„Mama, sterben wir bald?“ Solche und andere Fragen kann dein Kind dir stellen, wenn es aus der Schule kommt und etwas über den Russland-Ukraine-Krieg mitbekommen hat. Denn spätestens an Schulkindern geht die aktuelle Situation nicht vorbei, zu omnipräsent ist sie. Die meisten Eltern fragen sich, wie sie ihren Kindern diesen Krieg erklären können. Diesen Krieg, der plötzlich so nah ist und unser aller Leben berührt und bedroht. Was sollen sie sagen, wo sie doch selber noch unter Schock stehen und es kaum glauben können, was gerade passiert. Und diese Unruhe, Angst oder Ohnmacht spüren die Kinder.

Aber die Sonne scheint doch?

Wie fühlt sich das für die Kinder an? Mama ist besorgt, Oma weint viel und Papa sitzt nur noch am Handy. Draußen scheint die Sonne, ganz langsam kehrt wieder Normalität nach dem Pandemie-Wahnsinn ein und der Frühling naht mit warmen Temperaturen. Es sieht alles so normal aus, wenn man aus dem Fenster schaut. Aber trotzdem ist etwas nicht in Ordnung, ganz und gar nicht. Die Sorge, Angst, Betroffenheit und grenzenlose Trauer findet in den Nachrichten, den Zeitungen und den sozialen Medien statt, aber nicht vor der Haustür, im Garten oder in der Schule.

Kann man Kindern Krieg erklären?

Kinder haben keinen Schutzwall

Kinder leben den Moment. Sie freuen sich über ein Eis, lachen mit Freunden und jammern über eine schlechte Note. Und dann weinen sie hemmungslos, wenn Kriegsbilder über ihren Smartphone-Bildschirm flimmern oder sie ihre Eltern fassungslos und aufgelöst vor dem Fernseher beobachten. Alles ist ganz nah und alles ist gleichzeitig. Wie soll ein Kindergehirn das verarbeiten? Wie den Schritt von der alten Realität schadenfrei in die neue Realität machen?

Krieg erklären: Wage die Gradwanderung

Es gibt nicht nur gute Dinge auf der Welt, da existiert auch viel Schlechtes. Irgendwann erkennen Kinder das selber, bauen sich ihre eigene kleine Welt auf und arrangieren sich mit den Gegebenheiten. Irgendwann, wenn sie stark und selbstständig sind, wenn sie an ihre Fähigkeiten glauben und ein Ziel haben. Wenn sie Krisen bewältigt haben, auf eigene Leistungen zurückblicken und sich aktiv einsetzen können. Aber nicht mit 7 Jahren. Schätze also gut ein, was dein Kind verstehen und verkraften kann.

Du bist der Fels in der Brandung

Mit DU sind die Eltern, die Erwachsenen, die Freunde und Verwandten gemeint. An ihnen orientieren sich Kinder. Fühlen sich die Eltern handlungsunfähig, empfinden das auch ihre Kinder. Haben die Eltern keine Hoffnung, verlieren auch die Kinder ihre positive Sichtweise. Sehen die Eltern keinen Ausweg, können das auch die Kinder nicht. Sie verstummen, ziehen sich in sich selbst zurück. Möglicherweise wird großer Schaden angerichtet – besonders jetzt, im Katastrophenjahrhundert.

Was kannst du tun?

  1. Sei ehrlich, äußere deine Sorgen, aber nicht rund um die Uhr. Dramatisiere und emotionalisiere auf keinen Fall beim Krieg erklären.
  2. Stelle keine Prognosen „das ist unser Ende“, „das überleben wir nicht“, „der Atomkrieg ist bald da“ oder „das ist der 3. Weltkrieg“. So machst du deinem Kind nur Angst. Und mal ehrlich – wir wissen alle nicht, was wird. Die Menschheit hat schon viele Krisen überstanden.
  3. Gib jedem Tag eine positive Note. Pflanze etwas mit deinen Kindern, geht spazieren, lest euch etwas vor, kuschelt, kocht, lacht und registriert, was es da draußen alles Schönes gibt.
  4. Lass deine Kinder helfen, wenn es möglich ist. Ein Spielzeug spenden, einen Brief schreiben, einen Paket für Flüchtende packen – jede Hilfsaktion hilft nicht nur den Empfangenden, sondern auch den Spendenden.
  5. Reduziere die Medien. Je kleiner die Kinder, desto weniger müssen sie über die Medien erfahren. Falls deine Kinder sich informieren wollen, seht euch gemeinsam die Nachrichten von ARD oder ZDF an – besser noch die Kindernachrichten. Bei TikTok oder Facebook gibt es viel zu viele Fakenews.

Gib deiner Trauer einen Platz

Wenn deine Kinder dich ständig traurig sehen, tut das keinem gut. Aber du sollst deine Trauer auch nicht verstecken. Sprich mit Erwachsenen darüber. Nimm dir zwei oder dreimal am Tag eine kurze Auszeit, in der du deinen Gefühlen Raum lässt. Und natürlich kannst auch du helfen, etwas spenden, jemanden unterstützen, auf Demos gehst, Posts bei google maps auf russischen Restaurants verfassen…

Peace in the world