Klassenstärke – wenn der Raum aus allen Nähten platzt

Die sogenannte Klassenstärke oder Klassengröße legt fest, wie viele Schülerinnen und Schüler in einer Klasse sein dürfen oder sind. Dabei gibt es Unterschiede, die nicht nur von der Schulart abhängen, sondern auch von der Zusammensetzung der Klasse und von den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten.

Ist die Klassenstärke bei deinem Kind zu hoch?

Vielleicht bist du unglücklich darüber, mit wie vielen anderen Kindern dein Schulkind den Klassenraum teilen muss. Das ist verständlich, denn je mehr Schülerinnen und Schüler in einem Raum zusammensitzen, desto schwieriger gestaltet sich der Unterricht. Schließlich verursacht jedes einzelne Kind zusätzlichen Lärm und Aufwand für den Lehrer oder die Lehrerin. Allerdings ist die Klassenstärke keines der 10 größten Schulprobleme.

Die Klassenstärke schützt dein Kind

Aus diesem Grund wurde auch eine Klassenstärke festgelegt, die in der Regel nicht überschritten werden soll. In der Realität ist die Vorgabe allerdings immer häufiger nicht einzuhalten. In diesem Schuljahr 2022/2023 fehlen schätzungsweise 30.000-40.000 Lehrerinnen und Lehrer, sodass diese Lehrerstellen in der Folge unbesetzt bleiben. Natürlich darf das nicht dazu führen, dass einzelne Kinder nicht eingeschult werden. Vielmehr ist die Folge des Lehrermangels eine erhöhte Klassenstärke. Eine andere Möglichkeit gibt es ja gar nicht.

So sehen die amtlichen Vorgaben für die Klassenstärke aus

Diese Vorgaben sind in den einzelnen Bundesländern leicht unterschiedlich und variieren um ein bis zwei Kinder. Außerdem gibt es noch schulische Sonderformen, bei denen die Klassenstärke möglicherweise anders festgelegt ist. Ein weiterer Faktor ist die soziale Zusammensetzung der Schulkinder. Handelt es sich um ein sozial schwächeres Einzugsgebiet, kann die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse etwas niedriger angesetzt werden.

Grundschule
Für die Grundschule sehen die Vorgaben eine Untergrenze von 16 Schülerinnen und Schülern vor und eine Obergrenze von 28 Kindern. Wird die Untergrenze unterschritten, soll die Klasse aufgelöst und aufgeteilt werden. Sind mehr als 28 Kinder in einer Klasse, so soll ein weiterer Klassenzug eröffnet werden.

Weiterführende Schulen
In der Hauptschule liegt die Untergrenze bei 16 Schülerinnen und Schülern, die Obergrenze bei 30. Ebenso verhält es sich in der Realschule und in dem Gymnasium. Lediglich bei der integrierten Gesamtschule ist die Obergrenze dort schon bei 28 Schulkindern erreicht.

Kleine Klassen – Wunschdenken bei LehrerInnen Mangel

Schaut man allerdings in die einzelnen Klassenzimmer hinein, stellt man schnell fest, dass sie in der Regel sehr eng und voll sind. Dort wo Lehrerinnen und Lehrer fehlen, müssen die Kinder eben auf andere Klassen aufgeteilt werden, sodass diese dann größer werden. Woran liegt das? Seit circa einem Jahrzehnt steigen die Geburtenzahlen in Deutschland wieder an, längst hätte etwas in der Lehrerausbildung passieren müssen.

Gründe für den LehrerInnenmangel

  • Erschwerte Verbeamtung
  • Abbau von Studienplätzen
  • Hoher Krankenstand
  • Große und schwierige Klassen sind wenig attraktiv
  • Hoher Altersdurchschnitt
  • Wenig Wertschätzung
  • Kaum Aufstiegschancen

Probleme der hohen Klassenstärke für die SchülerInnen

In großen Schulterklassen kann es zu vielfältigen Problemen kommen. Besonders förderungsbedürftige Schülerinnen und Schüler bekommen zu wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung. Schüchterne Schülerinnen und Schüler werden nicht bemerkt und auch nicht gefördert. Schülerin und Schüler aus Flüchtlingsfamilien benötigen viel Hilfe, um in der Sprache Deutsch alle Unterrichtsinhalte verstehen zu können. Diese Ressourcen sind häufig nicht vorhanden. Schülerinnen und Schüler mit Leistungsstörung oder mit einer Hochbegabung werden ebenfalls nicht entsprechend gefördert, weil die Kapazitäten fehlen. Darüber hinaus ist es in großen Unterrichtsklassen oft viel zu laut, so dass die Konzentration von allen Schülerinnen und Schülern nur schlecht aufrecht erhalten werden kann.

Probleme großer Klassen für die Lehrerinnen und Lehrer

Die Kontrolle der Hausaufgaben gestaltet sich schwierig, weil das Durchsehen der Hausaufgaben viel Zeit in Anspruch nimmt. Auch die Vorbereitung von Klassenarbeiten ist aufwändiger, da es hier um eine Differenzierung geht. Und natürlich kostet auch die Durchsicht der Klassenarbeitshefte mehr Zeit, je mehr Schüler und Schülerinnen an einer Klassenarbeit oder einem Test teilnehmen. Außerdem leidet auch die Elternarbeit, da jedes einzelne Kind seine eigene Geschichte und seine eigene Familie mitbringt. Den Hintergrund eines Kindes zu kennen, ist Teil einer guten Elternarbeit, für die in der Schule sowieso schon eingeplant ist.

Was kannst du für dein Kind tun?

Niemand, auch das Kultusministerium oder die Leitung deiner Schule, kann neue Lehrerinnen und Lehrer aus dem Hut zaubern. Also kannst du nicht besonders viel tun. Vielleicht ist es eine Möglichkeit, die Arbeit der Schule zu unterstützen. Biete dich bei Projekten und Ausflügen als Begleitung an, damit diese auch mit vielen Kindern problemlos stattfinden können. Frage bei der nächsten Elternkonferenz unbedingt nach, welche Unterstützung noch möglich und nötig ist.

Die Räumlichkeiten sind häufig das Nadelöhr

Auch wenn du mit deiner Unterstützung die Nachteile einer großen Schulklasse ein bisschen verbessern kannst, sind Klassenräume nicht so ohne weiteres zu vergrößern. Viele Schulen sind renovierungsbedürftig, nicht für die Digitalisierung ausgelegt und orientieren sich von ihrer Architektur her immer noch am Frontalunterricht. Hier muss auf politischer Ebene viel Geld in die Hand genommen werden, um unsere Schulen moderner, schöner und besser zu machen. Das scheint im Moment eher schwierig zu sein!

Erläuterung: Nur staatliche Schulen. Nur Regelklassen. Ohne Vorschulklassen. Grundschulen einschließlich der Grundschulklassen an Stadtteilschulen, ohne die Jahrgangsstufen 5 und 6 an sechsjährigen Grundschulen. Ohne Erwachsenenbildung.

  • Die größten Klassen gibt es an Gymnasien.
  • An Stadtteilschulen sind im Durchschnitt 2,3 Kinder weniger in einer Klasse als an Gymnasien.
  • An Stadtteilschulen sind die Klassen in den Jahrgangsstufen 5 und 6 kleiner als ab Klasse 7; an Gymnasien ist es umgekehrt.
  • An Grundschulen gibt es Obergrenzen für die Zahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse. An Grundschulen mit einer sozial belasteten Schülerschaft (Sozialindex 1 und 2) dürfen höchstens 19 Kinder in einer Klasse sein. Durchschnittlich sind es 17,9 Kinder.
  • An Grundschulen mit günstigeren sozialen Bedingungen sind im Durchschnitt 21,8 Kinder in einer Klasse. Die Obergrenze liegt hier bei 23 Kindern pro Klasse.

Quelle: https://www.hamburg.de/schuljahr-in-zahlen/4662032/lehrer-klassengroessen/