Lesen lernen mit Maske – geht das denn?

Lesen lernen mit Maske

Das Tragen der Mund-Nasen-Maske auch im Unterricht der Grundschulen wirft eine Reihe von Fragen auf. Eine der interessantesten ist sicherlich, ob Lesen lernen mit Maske überhaupt gelingen kann. Und es macht wieder einmal deutlich, dass der Prozess des Erlernens des Lesens noch lange nicht abschließend erforscht und verstanden ist.

Wird der Mund beim Lesen bewegt?

Gute Frage, nächste Frage. Ich kenne viele Erwachsene, die beim Lesen die Lippen mitbewegen. Nicht nur bei einer Fremdsprache, wo es das Verständnis erleichtert, sondern auch bei deutschen Texten. Warum machen sie das? Wäre es keine Erleichterung, würden sie es nicht tun, oder? Verständlich also, dass Leseanfänger diesen Trick auch anwenden.

Hilft die Mundhaltung beim Lesen lernen?

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als ich die Vokale gelernt habe. Gerade das Aussprechen von A, E, I, O und U wurde sehr eng verknüpft an die richtige Mundhaltung. Dieser geht nämlich von Vokal zu Vokal immer etwas weiter zu. Beim Lesen lernen mit Mundschutz ist die Mundhaltung nicht zu erkennen, diese Hilfe fällt also weg. Können die Kinder trotzdem die Vokale lernen? Und wie ist es mit den Konsonanten? Auch hier kann es helfen, die Stellung der Lippen und des Mundes genau zu beobachten. Schließlich lernen viele Kinder durch Nachahmung.

Lesen lernen mit Maske ist schwieriger

Nicht nur die einzelnen Buchstaben, sondern auch Silben und Wörter sind leichter auszusprechen, wenn die Mundhaltung der Lehrkraft zu sehen ist. Klar, es gibt viele Kinder, die lernen lesen alleine durch Nachahmung und Ausprobieren schon vor der ersten Klasse. Aber es gibt eben auch die anderen, die sich damit sehr schwertun. Sie brauchen Hilfe und Vorsprecher, um das Vertonen der einzelnen Buchstaben zu verstehen und zu erlernen. Die Meinungen der Lehrer*innen (Facebook) gehen bei dieser Frage auseinander.

  • „Mit Maske geht es nicht! Abnehmen! Oder nicht lesen lernen! Das ist hier die Frage!“
  • „Es ist sehr schwierig, denn wir arbeiten mit Lautgebärden und Mundbildern.“
  • „Wieso sollte das nicht gehen? Lesenlernen ist ja nicht hauptsächlich vorlesen, sondern das Prinzip einer Laut-Buchstabenzuordnung verstehen. Und in Situationen, wo gelesen wird, muss auch die Maske in der Regel nicht auf gesetzt werden. Die Hauptarbeit beim Lesenlernen passiert sowieso nicht in der Schule bei einer Leseübung, sondern durch tägliches Üben und verstehen vor allem auch zuhause.“
  • „Wir haben kleine Spiegel, da können die Kinder sich ihren eigenen Mund anschauen während dem Lautieren.“
  • „Ich sitze hinter Plexiglas. Gehe ich rum, setze ich FFP2 auf. Ich arbeite auch mit Lautgebärden. Und ja, nur mit Abstand setze ich die ab und zeige Mundstellungen.“

Hier wird auch deutlich, dass in den einzelnen Bundesländern, aber auch Schulen, mit der Frage sehr unterschiedlich umgegangen wird.

Beispiel: Silbenrutsche

Lehrkraft: „Die Silbenrutsche machen wir mit der ganzen Klasse. Das Kind summt einen Konsonanten beim Rutschen und verändert den unten zum Vokal, der unten hochgehalten wird. Bei einzelnen Kindern kann man das Zusammenziehen auch unterstützen indem man die Lippen und Mundstellung im Spiegel nochmal verdeutlicht und dann zusammenzieht. Beim Lesen lernen mit Maske fällt diese Option leider weg.“

Silbenrutschbahn

Videos können helfen

Wer ein Whiteboard in der Klasse hat, kann anstelle der „echten“ Mundbewegungen auch Videos nutzen, die es bei YouTube anzusehen gibt. YouTube Videos dürfen übrigens im Unterricht gezeigt werden, da besteht kein rechtliches Problem. Auch Fotos oder Zeichnungen von Mundstellungen sind hilfreich.

Üben zuhause ist besonders wichtig

Was in der Schule momentan nur schlecht geleistet werden kann, sollte zuhause aufgegriffen werden. Die Mundhaltung beim Aussprechen der Buchstaben ist eine gute Übung für den Feierabend. Einfach mal extrem und übertrieben deutlich die einzelnen Elemente der Sprache darstellen. Am besten natürlich spielerisch.

Lernspiel: Buchstaben raten

Buchstaben oder Silben werden pantomimisch dargestellt, auf jeden Fall mit extrem übertriebener Mundhaltung. Beim A wird der Mund aufgerissen, beim O schön gerundet. Erkennt Ihr Kind die Vokale? Dann erweitern Sie auf einige Konsonanten, die gut zu erkennen sind, beispielsweise die Plosivlaute P, K und T. So gelingt dann auch das Lesen lernen mit Maske in der Schule besser.

Natürlich haben wir jede Menge Ideen, wie die Lesemotivation gesteigert werden kann. Zum Beispiel mit dem Lesetagebuch, der Leserolle oder der Lesekiste.