In Hessen gehen die Herbstferien langsam schon wieder ihrem Ende zu, und dann wird es in der Schule ernst. Bisher war das Lüften kein großes Problem, denn draußen war es noch warm. Die Aerosole und damit auch die Covid-19 Viren wurden verdünnt und verloren an Infektionskraft. Nach den Herbstferien sieht das anders aus. Eine Lehrerin erzählt, wie sie sich für die kalte Jahreszeit, für Corona im Winter, vorbereitet.
Wir bereiten uns auf das Frieren vor
„Vor den Herbstferien habe ich noch einen Elternabend veranstaltet und alle darum gebeten, ihren Kindern nach den Ferien warme Westen, alte Jacken oder Wolldecken mitzugeben. Ich möchte nicht, dass meine „Kids“ schlottern und frieren, weil wir für frische Luft sorgen müssen. Die wärmende Kleidung können die Schülerinnen und Schüler einfach in der Klasse deponieren. Da ja sowieso jeder seinen eigenen Sitzplatz hat, der auch nicht gewechselt wird, kann der kalte Holzstuhl mit einer Decke zu einem warmen Polster umgewandelt werden. Vielleicht wird das ja auch ganz lustig, ich hoffe es jedenfalls.
Westen sind ein „must have“ beim Lüften
Ich selber habe mir auch zwei günstige, gefütterte Westen gekauft, die ich im Unterricht tragen werde. Schon vor den Ferien habe ich nur bei geöffnetem Fenster unterrichtet und für Durchzug gesorgt. Das hat wunderbar geklappt, wir hatten in der ganzen Schule nur einen einzigen Verdachtsfall auf Corona. Ich möchte natürlich gerne, dass das nach den Ferien auch so weitergeht. Ob ich allerdings das Dauerlüften einhalten kann, ist doch sehr fraglich. Bei 15 Grad wird das gehen, bei 3 Grad aber sicher nicht mehr.
Alle 20 Minuten lüften
Die neuen Regeln des Kultusministeriums fordern, dass die Fenster alle 20 Minuten fürs Lüften aufgemacht werden. Dann wird 3-5 Minuten durchgelüftet. Anschließend dürfen die Fenster wieder geschlossen und der Unterricht fortgeführt werden. Doch ob das so funktioniert? Klar, mit einem Wecker und einer Alarmfunktion sind die Zeiten problemlos einzuhalten. Doch wie soll ich meinen Unterricht strukturieren, wenn er alle 15 oder 20 Minuten unterbrochen wird?
Ganz ehrlich, schon jetzt nach den Sommerferien war der Unterricht längst nicht so stringent wie im letzten Schuljahr. Alleine das ständige Händewaschen und Desinfizieren oder das etappenweise Einlaufen der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht hat uns alle verändert. Ich empfinde alles als viel entspannter. Zu Unterrichtsbeginn oder nach den Pausen warte ich so lange, bis alle wieder auf ihrem Platz sitzen. Da wir nur ein Waschbecken haben, kann das schon mal ein bisschen dauern. Aber das ist es wert! Und ich nutze die Zeit, um mit einigen zu sprechen, Fragen zu beantworten oder mein Material zu sortieren.
Waschen oder desinfizieren
Ein bisschen Zeit sparen wir inzwischen dadurch, dass einige wenige Schülerinnen und Schüler ihre Hände mit selbst mitgebrachten Sprays desinfizieren. Das riecht zwar nicht immer gut, aber es erfüllt den Zweck auch. Glücklicherweise müssen wir Lehrerinnen und Lehrer keine Tische mehr desinfizieren, das machen die Putzkräfte im Anschluss an den Unterricht einmal täglich.
Ich muss schon sagen, meine Klasse macht alles wunderbar mit, das wird sicher auch mit dem Lüften klappen. Auf den Gängen und auf dem Schulhof werden widerstandslos die Masken getragen und auch das Unterrichten bei offenem Fenster war überhaupt kein Problem. Wir haben einen Fensterdienst eingerichtet. Im Wechsel ist immer ein anderer Schüler oder eine andere Schülerin dafür zuständig, dass nach Unterrichtsschluss auch alle Fenster wieder geschlossen werden. Auch das klappt prima. Ich bin also sehr zuversichtlich, dass wir die kalte Jahreszeit trotz Corona gut überstehen.“
Unterrichten bei winterlichen Temperaturen
In Herbst und Winter 2020 / 2021 wird es sicherlich in den Schulen sehr interessant werden. Bisher haben sie sich nicht als Hotspot herausgestellt, also ist von einer flächendeckenden Schließung auch keine Rede. Aber werden wird sich das ständige Lüften, die niedrigen Temperaturen und die verkürzten Unterrichtseinheiten auf die Schülerinnen und Schüler auswirken? Betrachten wir es doch mal positiv.
Positive Auswirkungen von Corona
- Eine schwierige Situation schweißt Gruppen enger zusammen. Vielleicht wird die Klassengemeinschaft durch Corona besser.
- Schülerinnen und Schüler müssen verantwortlicher mit ihrer Gesundheit und der Situation umgehen. Nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch die ihrer Eltern und Großeltern ist betroffen. Das könnte positiv für die Reifung der Persönlichkeit sein.
- Corona hat eine Problemsituation geschaffen, die alle betrifft. Probleme sind dazu da, gelöst zu werden. Wenn die Infektionszahlen in den Schulen weiter niedrig bleiben, könnte das Verhalten der Klassen das Selbstbewusstsein der einzelnen Stärken.
- Möglicherweise haben die niedrigen Temperaturen auch positive Auswirkungen auf die Grundgesundheit. Es wird sich zeigen, ob Erkältungskrankheiten in diesem Winter abnehmen, weil die Kinder und Jugendlichen abgehärteter sind.
Ist die Wissensvermittlung der große Verlierer?
Diese Frage lässt sich vermutlich nur rückblickend klären. Keine Frage, dass die Kinder und Jugendlichen im Jahr 2020 durch Corona bewusster gelernt und gelebt haben. An sie wurden neue Herausforderungen herangetragen und viele haben diese mit Bravour gemeistert. Für die Persönlichkeitsentwicklung von vielen war das sicherlich gut. Ob das Bildungsniveau darunter gelitten hat, ist zu vermuten. Besonders bei den Kindern und Jugendlichen, die von Zuhause aus wenig Unterstützung bekommen, digital nicht gut vernetzt sind und wenig Eigenmotivation zum Lernen aufbringen können.
2021 wird es eine Aufholjagd geben
Optimisten erwarten, dass sich im Frühjahr 2021 durch einen Impfstoff die Gesamtsituation wesentlich entspannt. Dann wird auch Unterricht wieder ganz normal möglich sein. Möglicherweise gibt es freiwillige Zusatzkurse in den Schulferien, vielleicht auch Unterricht am Wochenende oder zusätzliche Lernangebote für Zuhause. Eine Möglichkeit wäre es auch den Lehrplan zu verschlanken und sich zumindest für ein Jahr auf die wichtigsten Grundlagen zu konzentrieren. Zentral ist jedoch, dass nur wenige Menschen schwer erkranken und das Virus zu einem beherrschbaren Teil unseres Lebens wird.