Neue Technologien halten seit Jahren Einzug in den Alltag. Im Bildungswesen war jedoch bis vor kurzer Zeit die ganz normale „Präsenzveranstaltung“ die Regel – ein Lehrer oder Dozent erläutert Inhalte in mehr oder weniger interaktiver Form.
Die Corona-Pandemie hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie anders Bildung vermittelt werden kann – und welche Möglichkeiten sich aus innovativen Methoden und Technologien ergeben. Die beschränken sich nicht auf Fernveranstaltungen per Zoom, sondern können das Lehren und Lernen grundsätzlich revolutionieren. Dabei wird es viel stärker in den Vordergrund rücken, individuelles Lernverhalten zu berücksichtigen und der Kreativität gegenüber dem bloßen Auswendiglernen eine wichtigere Rolle einzuräumen. Welche Trends und Mittel sind die wichtigsten?
Blended Learning sollte die Regel sein
Andere und neue Anforderungen an das Bildungswesen lassen sich durch ein Zusammenspiel von Präsenz im Klassenraum und E-Learning. Die Vorteile liegen auf der Hand: Grundlagen werden einheitlich in der Schule vermittelt, dabei werden persönliche Kontakte zwischen Lehrenden und Lernenden hergestellt, die die Wissensvermittlung und Kommunikation fördern. Die Präsenzveranstaltungen lassen sich ergänzen durch E-Books, aufgezeichnete Vorlesungen und Webinare, die flexibel abrufbar sind, aber auch um Fernveranstaltungen, bei denen eine größere Zahl von Teilnehmern in Echtzeit mitmacht.
Gamification fördert den Lernvorgang
Was als spielerisches Lernen oder Gamification/Gamifizierung bezeichnet wird, knüpft an menschliche Verhaltensmechanismen an. Mit einem Erfolg entsteht ein Belohnungseffekt, der die jeweiligen Inhalte vertieft und verankert. Die Vermittlung von Bildung lässt sich durch Mechanismen aus der Spielewelt und tatsächliche Lernspiele erheblich beschleunigen – das zeigen die Erfolge von Lern-Apps, die sich diese Methoden längst zunutze machen, etwa das „Freispielen“ neuer Lektionen durch erzielte Erfolge, die durch Abzeichen, Edelsteine oder andere Vergütungen gemessen werden.
Kleine Einheiten, handliche Formate
Schluss sein soll nach Ansicht der Befürworter moderner Technologien auch mit kompakten, schwer „verdaulichen“ Inhaltsblöcken, bei denen es oft nicht um Verständnis, sondern um das Auswendiglernen durch stures Durchhaltevermögen geht. Auch hier sind mobile Apps ein Vorbild, denn sie brechen die Inhalte in kleinste Einheiten auf. So beschäftigen sich Lernwillige mit Lektionen, die selten länger als fünf Minuten in Anspruch nehmen, optisch und inhaltlich gut gemacht sind und durch kleine Erfolge motivieren – das wird in der Mittagspause, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder wann immer ein wenig Zeit zur Verfügung steht, gern angenommen.
Digitale Plattformen erleichtern Zugriffe und Kooperationen
Zoom war nur der Anfang – über online bereitstehende Lösungen wie Google Workspace nutzen Lehrende und Lernende Kommunikationskanäle gemeinsam, verwenden dieselben Programme für Texte, Tabellenkalkulationen und vieles mehr, und legen wichtige Inhalte in einer Ablage nieder – mit differenzierten Zugriffsrechten. Das erleichtert den Austausch vor allem in der Erwachsenenbildung und -weiterbildung, wenn Zeit für das Lernen neben und nach dem Job geschaffen werden muss. Auch das flexible Lernen im Remote-Modus lässt sich hinsichtlich der Leistung mit integrierten Prüfungen nachhalten und lässt sich natürlich mit Präsenz-Klausuren kombinieren.
Gibt es Einwände gegen neue Technologien?
Eine häufige Kritik, die sich gegen ein Zuviel an Bildschirmzeit und Audio- oder Videokonsum richtet, ist ein Rückgang der schriftlichen Kompetenzen. Die werden bereits früh geschult, ein Schwerpunkt, der weiterhin wichtig bleiben sollte. Durch das Zusammenspiel von Hand, Auge und Hirn beim Niederschreiben von Texten, Vokabeln oder Gedichten werden Verbindungen im Gehirn ausgebildet. Die so geförderten Fähigkeiten, sich schriftlich auszudrücken, bleiben lebenslange Begleiter und kommen Lernenden immer wieder gelegen. Denn ein schriftlich verfasster Essay erfordert zunächst eine gedankliche Struktur, die wiederum in eine Textform gegossen wird.
Wer schreibt, denkt anders als der „Verfasser“ einer Sprachnachricht und kommt später auch mit den Herausforderungen analytischen Denkens besser zurecht. Zwar kann man sich von einem Ghostwriter sogar Abschlüsse wie die Bachelorarbeit schreiben lassen – doch im besten Fall muss man bei schriftlichen Aufgaben auch selbst nicht passen.