Bildungsoffensive: Bootcamp statt Impfpflicht

Letztens an der Tankstelle wünschte ich mir SOFORT eine Bildungsoffensive: Sprit ist teuer geworden, so teuer wie nie. Beim Bezahlen sagte ich genau das. Und stieß auf viel Zustimmung seitens der sehr jungen Kassiererin. “Das ist die Schuld der Bürger!” rief sie empathisch. “Die sitzen nur rum, kassieren unser Geld und tun nichts.” Ratlos schüttelte ich den Kopf. “Welche Bürger?” fragte ich. “Na, die oben eben, die Bürger. Die betrügen uns doch ständig.” Ich dachte kurz nach, während ich die PIN meiner EC-Karte eintippte. “Meinen Sie vielleicht die Politiker?” fragte ich dann vorsichtig. Ich wollte ja niemanden brüskieren – und dachte, so dämlich kann die eigentlich nicht sein. Tja, war sie aber…. und so erwuchs in mir den Wunsch nach Bildungs-Bootcamps.

Manchmal tut Dummheit nicht nur weh, sie schadet auch uns allen

Die Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht geht meiner Ansicht nach in eine völlig falsche Richtung. Verschwörungstheorien und das Ablehnen der schützenden MRNA-Impfung gründen sich auf Halbwissen, fantasievolle Horror-Szenarien und auf die kritiklose Akzeptanz von möglichst lauten und plumpen Meinungen auf allen Kanälen, vorwiegend in den sozialen Medien. Ich fordere ein Umdenken und eine Bildungsoffensive. Wissen, Neugier auf die Wahrheit und Zugang zu Bildung ist für viele Jugendliche uninteressant. Das muss sich wieder ändern.

Wo finde ich die Fakten?

Bildung muss wieder sexy werden

„Die aktuelle Entwicklung ist besorgniserregend und erstreckt sich auf alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche, nicht nur auf die Pandemie. Wenn wir nicht endlich gegensteuern, werden die dummdreisten Kommentare im Internet und die Eigengefährdung der Gegner noch unser geringstes Problem sein. Eine Bildungsoffensive gigantischen Ausmaßes soll alle Kinder und Jugendlichen erreichen, unabhängig von Herkunft oder Einkommen. Es geht darum, Lust aufs Lernen zu machen und den Weg zu einem kritischen, selbst bestimmten Leben zu ebnen.“

Das jüngste Beispiel ist die Ermordung von zwei PolizistInnen, die neben viel Trauer und Fassungslosigkeit auch brutale und empathielose Äußerungen in den sozialen Medien ausgelöst hat. Teilweise wurde sogar offen zum Mord an weiteren Polizisten aufgerufen. Die eigentliche Tat, die Trauer der Angehörigen und das Ende eines erfüllten und befriedigenden Lebens der Täter wird nicht wahrgenommen oder angedacht. „Es gelingt Jugendlichen einfach immer weniger, Dinge weiterzudenken, sich in andere hineinzuversetzen und Gut von Böse zu unterscheiden. Ungebildete Mitläufer und strategisch aufgestellte Seelenfänger nutzen dann solche Ereignisse, um andere zu manipulieren und vom rechten Weg abzubringen.“

Stoppt die Seelenfänger!

Ich stelle zunehmend fest, dass die E-Mails und Kommentare auf meine Lernvideos und Posts sich rasend schnell verändern. In erster Linie geht Wissen verloren, und das führt schnell dazu, falschen Fährten zu folgen. Immer öfter kläre ich in meinen Kommentaren auf, werbe um Toleranz und und vermittelt Grundwissen, das eigentlich längst vorhanden sein sollte.

„Bildung macht Spaß, das haben Kinder und Jugendliche durch die Reizüberflutung und die kurz getakteten Unterhaltungsmedien leider vergessen. Sie langweilen sich nicht mehr, weil es ständig etwas zu konsumieren gibt. Dadurch haben sie eine wertvolle Fähigkeit verloren – sich selber um etwas zu bemühen, sich anzustrengen und dann auch den Erfolg zu genießen.

Macht Erfolgserlebnisse möglich

„Wir sollten als PädagogInnen und Erziehungsberechtigte endlich gegensteuern. Legen wir doch den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Wissen, das bei den Kindern und Jugendlichen Erfolgserlebnisse generiert und ihre Lust am Weiterlernen befeuert. Vielleicht mit attraktiven, kostenfreien Bildungscamps in den Ferien. Damit könnten wir zum einen die Defizite der Pandemie aufarbeiten und zum anderen endlich wieder eine Generation mit Spaß am Gestalten und kritischem Blick heranziehen.“

Und auch für die Schule und die Lehrkräfte habe ich e einen Vorschlag: „Regelmäßige Diskussionsrunden zu aktuellen Themen ab der ersten Klasse, bei denen gemeinsam im Internet recherchiert wird. So lernen schon die kleinsten, Fake-News von seriösen Nachrichten zu unterscheiden und sich eine fundierte eigene Meinung zu bilden. Dass dabei auch kontroverse Diskussionen stattfinden und ausgehalten werden, ist ein weiterer Pluspunkt. So geht Zukunft in der Pädagogik.“

Was läuft falsch?

„Verlieren wir unsere Kinder?“ fragt Reimann-Höhn, die in ihrer langjährigen Arbeit als Lerntherapeutin und Chefredakteurin engen Kontakt zu Kindern, Jugendlichen und deren Eltern hat. Inzwischen betreibt sie einen sehr erfolgreichen YouTube Kanal www.youtube.com/lernfoerderung , eine Internetseite mit Lerntipps www.lernfoerderung.de und einem Block www.reimann-hoehn.de mit Millionen Zugriffen.

Die Autorin

Uta Reimann-Höhn ist Diplompädagogin, hat u.a. zwei lerntherapeutische Einrichtungen geleitet und viele Jahre als Chefredakteurin gearbeitet. Schon früh hat sie sich für das Internet interessiert und dort eine große Community aufgebaut. Sie erreicht mit ihren verschiedenen Internetauftritten Millionen Menschen jedes Jahr.