So ungerecht sind Diktate in Deutschland

Du hast m deinem Kind für ein Diktat in Deutschland geübt, aber in der Arbeit wurde ein anderer Text abgefragt? Was dein Kind Zuhause beim Üben beherrscht hat, konnte es in der Arbeit nicht umsetzen? Dein Kind sträubt sich, Zuhause für Diktate zu üben, weil es jedes Mal ein Kampf ist und den Familienfrieden belastet? Die Gründe für Schwierigkeiten beim Diktat sind vielfältig. Sie reichen von unzureichender Vorbereitung über falsches Üben bis hin zu Prüfungsangst und Konzentrationsproblemen.

Diktate in Deutschland und der Teufelskreis

Häufig beginnt mit der ersten schlechten Note im Diktat ein Teufelskreis von Versagensangst, Leistungsdruck und Nervosität, der nur schwer wieder aufzulösen ist. Diktate sind eine komplexe Form der Leistungsbewertung und machen nur Sinn, wenn sie richtig eingesetzt werden.

Diktate fallen Sebastian richtig schwer.

Unsicherheit, Angst vor dem Versagen, Zeitdruck und Notenstress sind demotivierende und frustrierende Auswirkungen beim Schreiben von Diktaten. In der neueren Pädagogik haben Diktate in Klasse 3 oder 4 keinen Platz mehr, deshalb werden sie in der LehrerInnenausbildung auch nicht mehr empfohlen. Da sollte man doch meinen, dass sich alle Schulen Deutschlands diesen Erkenntnissen unterordnen und die Diktate zum Wohle ihrer Schülerinnen und Schüler abschaffen.

Chaos und Durcheinander beim Umgang mit Diktaten

Doch weit gefehlt. In manchen Bundesländern werden Diktate nicht mehr geschrieben, in anderen können einzelne Schulen frei entscheiden und in manchen ist das Schreiben von Diktaten ganz normaler Bestandteil des Unterrichts, meistens in der Grundschule. Es ist also eine reine Glückssache, ob Schülerinnen und Schüler im Unterricht Diktate in Deutschland in Klasse 3 oder in Klasse 4 schreiben müssen oder nicht. Je nach Wohnort, Ausbildung der Lehrkräfte oder Konzept der Schule sind Diktate entweder erlaubt oder verboten.

Benotung und Umfang sind krass verschieden

Und damit ist es noch nicht genug. Selbst dort, wo die umstrittenen Leistungsüberprüfungen geschrieben werden, sind sowohl die Benotung als auch der Umfang vollkommen unterschiedlich. Auch hängt es vom einzelnen Pädagogen ab, ob Diktate in Deutschland geübt werden oder nicht und ob sie Lernwörter enthalten oder nicht. Viele Lehrkräfte setzen auf kombinierte Arbeiten, bei denen kleine Diktate mit anderen Testformen gemischt werden.

In Bayern gehören Diktate zum Standard

Obwohl der Lehrplan Diktate vorsieht, gibt es durchaus Lehrerinnen und Lehrer in Bayern, an deren Schulen Diktate nicht mehr geschrieben werden. In Niedersachsen sollen auch keine reinen Diktate mehr geschrieben werden und auch in Rheinland-Pfalz, in Thüringen oder im Saarland verschwinden Diktate immer mehr aus dem Unterricht. Rechtschreibung, Regel und Strategie Verständnis können auch durch andere Formate getestet werden, so die Begründung.

Beispiel Bayern: Lehrplan plus

Die Rechtschreibleistungen der Schülerinnen und Schüler werden in regelmäßigen Abständen von der Lehrkraft in pädagogischer Verantwortung erhoben und bewertet. Das Diktat stellt eine mögliche Form der Leistungserhebung im Lernbereich Richtig schreiben dar.

Beim klassischen Diktat wird das Richtigschreiben eines unbekannten Textes verlangt. Es handelt sich um einen kompetenzorientierten Aufgabentypus, wenn das durch die Vermittlung von Strategien erworbene Rechtschreibwissenim Diktattext von den Schülerinnen und Schülern umgesetzt werden kann. Quelle: Lehrplan plus, Bayern

Diktate schreiben

Die vielen Variationen der Fehlerquote

Ebenso unterschiedlich wie die grundsätzliche Handhabung von Diktaten ist auch die Benotung. Manche Lehrerinnen und Lehrer setzen eine Fehlerquote von 25 % an, also 2,5 Fehler auf zehn Wörter gibt die Note vier. Andere Grundschulen haben hingegen eine Quote von 10 % bis 15 %.

Beispiel Berlin: so werden hier Diktate in Klasse 3 bewertet

Wörter / Note 1 2 3 4 5 6
30 0-1
100% – 96,6%
2-3
93,3 % -90%
4-6
86,6 % – 83,3%
7-9
76,6 % – 70%
10-13
66,6 % – 56,6%
ab
14 % – 53,3%
40 0-1   2-3 4-6 7-9 10-13 ab 14
50 0-1
100 % – 96,6%
2-4
93,3 % -86,6%
5-7
83,3 % – 70%
8-11
73,3 % – 63,3%
12-15
60% – 50%
ab 16 46,3%
60 0-1 2-4 5-8 8-13 14-18 ab 19

In anderen Bundesländern oder Schulen wird ganz anders bewertet

Note ermitteln durch den Fehlerquotienten

Bis 95%  richtig = 1

Bis 80%  richtig = 2

Bis 65%  richtig = 3

Bis 45%  richtig = 4

Bis 25%  richtig = 5

Unter 25%  richtig = 6

Der Umfang von Diktaten variiert von Schule zu Schule

Auch der Umfang der Diktate in Deutschland in den einzelnen Klassenstufen ist sehr unterschiedlich. In Klasse 3 sind es mal 50, mal 60 und mal 70 Wörter, in Klasse 4 entweder 60 oder 70 oder 80 oder 90 Wörter.

Das Arbeitsverhalten der Schülerinnen und Schüler hat sich verändert

So unterschiedlich der Umgang mit Diktaten in Deutschlands Schulen ist, so einig sind sich die Lehrkräfte. Nicht nur, dass sich die Rechtschreibung dramatisch verschlechtert hat, auch ist die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler weiterhin im Sinkflug begriffen. Oft können sich die Kinder keine drei Wörter merken und fragen ständig nach, wie der Text des Diktats lautet. Auch reines Abschreiben gelingt vielen nicht mehr fehlerfrei.

Diktate scheinen ein Auslaufmodell zu sein, machen sie doch nur enormen Leistungsdruck und haben wenig Anteil daran, die Rechtschreibung zu verbessern. Das Trainieren spezieller Rechtschreibphänomene, dass langsame Heranführung an die Rechtschreibregeln sowie Übungen und Aufgaben mit einem hohen Erfolgserlebnis sind ein guter Weg, um die Motivation der Kinder zu stärken.

Lesen ist nicht „in“

Wer im Alltag kaum noch selber schreibt und auch immer weniger liest, braucht starke Anreize, um diese Kernkompetenz zu erwerben. Kinder, die aus Langeweile zum Buch greifen oder sich mit dem Schreiben eines Briefes beschäftigen, gibt es kaum noch. Hier muss Schule der Realität Rechnung tragen und auf die veränderten Gewohnheiten von Jungen und Mädchen eingehen. Mit Diktaten gelingt dies vermutlich nicht.

Rote Striche am Heftrand, kritische Bemerkungen. schlechte Noten und die Aufforderung, mehr zu üben, zieren Tausende von deutschen Diktatheften. Kein Wunder, wenn das Schreiben von Diktaten in der Hass-Skala der Schüler gleich hinter den Textaufgaben kommt. Die Fehlerausbeute bei Diktaten lässt viele Kinder verzweifeln. Kaum halten sie ihr Heft in der Hand und registrieren ihre Note, schlagen sie es auch schon wieder entnervt zu. Welche Fehler sie nun genau gemacht haben, ist den Schülern oft egal. Dabei liegt hier der Schlüssel zum Erfolg.

Fehler helfen dabei, die Rechtschreibung zu verbessern

Natürlich wäre es schön, wenn dein Kind keine Fehler im Diktat machen würde, die Realität sieht aber anders aus. Und deswegen solltest du gemeinsam mit deinem Kind die Fehler begrüßen und sich mit ihnen beschäftigen. Zumindest mit einem Teil davon. Durch die falsch geschriebenen Wörter kannst du schnell erkennen, wo dein Kind noch Übungsbedarf hat. Sammele die Fehler und ordne diese einer der folgenden Kategorien zu. So verschaffst du dir schnell einen Überblick und kannst Fehlerschwerpunkte gezielt und kontinuierlich üben.

Fehlerschwerpunkte

 Beispiele
Großschreibung am SatzanfangLeo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.
Großschreibung von Nomen/NamenLeo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.
Kleinschreibung von VerbenLeo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.
Auslaut (d oder t)  Leo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.
Dehnung  Leo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.
Schärfung  Leo freut sich schon auf den ersten, nassen Schnee.

So sieht eine sinnvolle Diktatübung in fünf Schritten aus

Neben dem Fehlerwissen ist auch die Motivation ganz wichtig, damit dein Kind sich regelmäßig mit der Rechtschreibung befasst. Einfach nur mal kurz vor dem nächsten Diktat üben, reicht nicht aus. Die deutsche Rechtschreibung ist verhältnismäßig einfach, denn rund 70 Prozent der Wörter werden so geschrieben, wie sie gesprochen werden. Lediglich die restlichen 30 Prozent, von denen viele einer Rechtschreibregel folgen, muss Ihr Kind lernen. Solange keine Legasthenie (Rechtschreibschwäche) vorliegt, ist das machbar. Doch eine gute Rechtschreibung braucht seine Zeit und ist mit regelmäßigem Üben verknüpft. Mit den folgenden fünf Schritten wird dein Kind ganz bestimmt große Fortschritte bei seiner Rechtschreibung erzielen.

5 Schritte fürs Diktate üben: Anleitung für dein Kind


1. Passenden Übungstext auswählen

Wähle einen Diktattext aus, den für deinen Kenntnisstand schwierige Wörter ernthält. Er sollte weder zu leicht, noch zu schwer sein. Es gibt zahlreiche Diktatbücher, aus denen du passende Texte auswählen kannst. Buchtipp: 150 Diktate 2. bis 4. Klasse: Regeln und Texte zum Üben – mit MP3-Download (Duden – 150 Übungen), Duden Verlag, ca. 10 €

2. Text sorgfältig durchlesen

Lies dir diesen Text gründlich durch und markiere alle Wörter, die dir schwierig erscheinen. Versuche, dir die richtige Schreibweise einzuprägen. Besonders schwierige Wörter kannst du mit geschlossenen Augen rückwärts buchstabieren. So kannst du sie dir besser merken.

3. Text diktieren lassen und konzentriert schreiben

Lass dir dieses Diktat in Ruhe diktieren und schreibe konzentriert mit. Frage nach, wenn du etwas nicht verstehst oder wenn es dir zu schnell geht. In einigen Büchern kannst du die Diktate auch als MP3 finden (oder downloaden) und sie dir ohne Hilfe anhören. So ist das Üben noch leichter.

4. Fertigen Text mit dem Original überprüfen

Überprüfe deinen fertigen Text sorgfältig und markiere die Wörter, die du noch nicht richtig geschrieben hast. Schreibe diese Wörter noch einmal richtig ab und versuche, dir die Schreibweise zu merken.

5. Regel finden

Überlege, ob es zu diesen Wörtern eine Rechtschreibregel gibt oder ob du sie auswendig lernen musst und notiere dir das Ergebnis.

Wenn du jede Woche ein Diktat schreibst und diese fünf Schritte einhältst, wirst du bald bessere Noten in der Schule im Diktat schreiben.