Visuelle Wahrnehmungsstörung erkennen und fördern: so geht’s

Vielleicht machst du dir Gedanken darüber, ob dein Kind eine visuelle Wahrnehmungsstörung haben könnte? Einen Termin bei einem Arzt möchtest du nicht gleich ausmachen, sondern erst einmal selber abklären, ob die Vermutung stimmen könnte. Die visuelle Wahrnehmung kann genauso wie die auditive Wahrnehmung bei Kindern und Jugendlichen gestört sein. Oft wird dies erst in der Schule bemerkt, denn Defizite in der Wahrnehmung wirken sich auf das Lernen negativ aus.

Wie funktioniert die visuelle Wahrnehmung?

Dabei werden vielfältige Informationen über die Augen aufgenommen, zur Sehrinde weitergeleitet und anschließend im Kleinhirn gespeichert. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Dein Kind nimmt Informationen durch die Augen auf und speichert diese ab, sodass es sie später wieder abrufen kann. Es sieht beispielsweise ein Dreieck, speichert die Form ab und kann später problemlos Dreiecke erkennen. Ist die visuelle Wahrnehmung gestört, klappt diese Verbindung nicht mehr.

Hier können visuelle Störungen auftreten

  • Augenbewegungsfähigkeiten – Die Fähigkeit die Augen präzise und genau bewegen zu können. Z.B. um beim Lesen die Augen von Wort zu Wort und von Zeilenende zu Zeilenanfang springen zu lassen
  • Augenzusammenspiel – Die synchronisierte Teamarbeit der beiden Augen
  • Beidäugiges Sehen – Verschmelzung der Seheindrücke der beiden Augen im Gehirn zu einem Bild
  • Fokussierung (Scharfstellung)
  • Auge-Hand-Koordination
  • Visuelle Wahrnehmung – Visuelles Gedächtnis, visuelle Formenwahrnehmung und bildliches Vorstellungsvermögen

Quelle der Aufzählung: https://www.visualtraining-gr.ch/visuell-bedingte-lernschwierigkeiten-ein-ueberblick/

Welche Indizien könnten auf eine visuelle Wahrnehmungsstörung hinweisen?

In der Schule lernt dein Kind jede Menge neue Inhalte, die über die auditive und die visuelle Wahrnehmung aufgenommen werden. Kinder lernen schnell, deshalb sollten diese neuen Informationen auch bald abrufbar sein. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, wenn die visuelle Wahrnehmung bei deinem Kind nicht so funktioniert, wie sie sollte.

  • Erkennt dein Kind Farben, Gegenstände, Formen und Körper?
  • Kann dein Kind gegensätzliche Eigenschaften zuordnen wie leicht und schwer, weich und fest, groß und klein?
  • Klagt dein Kind vielleicht häufig über Augenbrennen und reibt sich seine Augen?
  • Beobachtest du, dass dein Kind seine Körperhaltung verändert, wenn es seine Hausaufgaben erledigt? Hält es vielleicht seine Nase oder seinen Kopf sehr tief über das Heft geneigt?
  • Hat dein Kind Schwierigkeiten damit, Zeilen und Linien beim Schreiben einzuhalten?
  • Schreibt ein Kind undeutlich, verzerrt es Zahlen oder Buchstaben?
  • Verwechselt dein Kind ähnliche Buchstaben oder Zahlen, zum Beispiel B und D oder E und 3?
  • Macht dein Kind viele Flüchtigkeitsfehler?
  • Fällt es deinem Kind schwer, sich im Raum (also in eurer Straße oder in der Stadt) zu orientieren?

Das alles könnten Anzeichen für eine visuelle Wahrnehmungsstörung sein. Wenn dein Kind diese Anzeichen zeigt, fällt in das Lernen möglicherweise ganz schön schwer. Es besteht die Gefahr, dass es die Lust verliert.

Was kannst du für dein Kind tun?

Natürlich kannst du eine ganze Reihe von Übungen zu Hause selber durchführen, um dein Kind zu unterstützen. Vorher solltest du aber beim Facharzt das Sehvermögen deines Kindes untersuchen lassen. Dort wird sichergestellt, dass dein Kind keinen Sehfehler hat. Vielleicht benötigt es ja nur eine Brille, um mögliche Probleme mit der visuellen Wahrnehmungsstörung zu beheben. Ist diese Frage geklärt, kannst du mit vielen schönen Übungen zu Hause die visuelle Wahrnehmung deines Kindes stimulieren.

Visuelle Wahrnehmungsstörung adé

Fünf Spiele zur Förderung der visuellen Wahrnehmung

Bei der Förderung ist es wichtig, dass dein Kind sich nicht überfordert fühlt und Spaß am Spielen zeigt. Merkst du, dass ihm eine Sache richtig schwer fällt, solltest du die Regeln vereinfachen oder das Spiel erst einmal zurückstellen. Es geht darum, deinem Kind Schritt für Schritt zu helfen. Kannst du auch nach längerer Übungszeit überhaupt keine Verbesserung feststellen, musste unbedingt den Kinderarzt informieren. Dann müssen vielleicht Fachleute ans Werk.

Spiel Nummer 1: Was fehlt denn hier?

Lege 5,10 oder 15 Gegenstände (je nach Alter und Fähigkeit des Kindes) auf den Tisch und bitte dein Kind, sich diese Gegenstände 1 Minute lang genau anzusehen. Dann verlässt dein Kind den Raum und du nimmst einen Gegenstand weg. Wenn dein Kind wieder hereinkommt, soll es erkennen, welcher Gegenstand fehlt. Nach und nach verbessert sich so seine visuelle Wahrnehmung.

Spiel Nummer 2: Memory

Bestimmt hast du mit deinem Kind auch früher schon Memory gespielt, ein wunderbares Training der visuellen Wahrnehmung. Verringere die Bildkarten so sehr, dass dein Kind Erfolgserlebnisse bei diesem Spiel haben kann. Wähle Symbole, die dein Kind mag. Es gibt so viele unterschiedliche Memory Spiele, das bestimmt etwas Passendes dabei ist.

Spiel Nummer 3: sammeln und sortieren

Das Sortieren von Dingen nach Größe, Farbe oder Länge ist eine wunderbare Möglichkeit die visuelle Wahrnehmung zu fördern. Gehe doch mit deinem Kind im Wald spazieren (das geht auch in Coronazeiten) und sammelt gemeinsam verschiedene Dinge aus der Natur: Tannenzapfen, Steine, Äste, verschieden farbige Blätter, Blüten, Pilze oder Früchte. Diese werden dann zu Hause sortiert. Zunächst nach Farben, dann auch nach hell bis dunkel oder nach Größen.

Spiel Nummer 4: Spiegel Spiel

Dabei soll dein Kind Gesichtsausdrücke, Bewegungen oder Gestik einer anderen Person nachmachen. Beispielsweise verziehst du das Gesicht zu einer traurigen Grimasse und dein Kind versucht diese zu imitieren. Das macht besonders großen Spaß, wenn beide Gesichter fotografiert werden oder man sich gemeinsam vor einen Spiegel stellt. Je genauer dein Kind hinsieht, desto besser klappt die Kopie.

Spiel Nummer 5: ausmalen und ausschneiden

Wenn dein Kind Probleme mit der visuellen Wahrnehmung hat, findet es Ausmalen wahrscheinlich nicht so toll. Daher ist es gut, wenn du Bilder findest, die dein Kind besonders interessieren. Vielleicht probierst es mal mit einem Mandala oder mit Malen nach Zahlen. Auch das Ausschneiden trainiert den Blick, ganz nebenbei natürlich auch die Feinmotorik.

Spiele sind immer eine tolle Förderlichkeit

Bei sehr vielen Spielen wird die visuelle Wahrnehmung benötigt, um zu gewinnen. Labyrinthe nachzeichnen, Bilderbücher betrachten, Steckspiele, Paare finden, Puzzle oder Wurfspiele sind dazu sehr geeignet. Neben der Förderung baust du mit solchen Spielen auch eine enge und positive Beziehung zu deinem Kind auf.

Visuelle Wahrnehmungsdefizite
Spiele zur Förderung sind immer gut

Welche Folgen können visuelle Wahrnehmungsstörungen für dein Kind haben?

Lernschwierigkeiten: Du könntest feststellen, dass Kinder mit visuellen Wahrnehmungsstörungen Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Verstehen von visuellen Informationen haben. Diese Herausforderungen können sich negativ auf ihre schulischen Leistungen auswirken.

Motorische Fähigkeiten: Die visuelle Wahrnehmung ist eng mit den motorischen Fähigkeiten verbunden. Bei einer Wahrnehmungsstörung könnte dein Kind Schwierigkeiten beim Greifen, Werfen, Fangen oder anderen motorischen Aktivitäten haben.

Soziale und emotionale Auswirkungen: Visuelle Wahrnehmungsstörungen können auch soziale und emotionale Auswirkungen haben. Kinder könnten Schwierigkeiten beim Erkennen von Gesichtsausdrücken oder nonverbalen Signalen haben, was die soziale Interaktion erschwert.

Konzentration und Aufmerksamkeit: Die Fähigkeit zur visuellen Wahrnehmung beeinflusst auch die Konzentration und Aufmerksamkeit. Dein Kind könnte Schwierigkeiten haben, sich auf bestimmte Aufgaben zu konzentrieren, was sich auf schulische Leistungen auswirken kann.

Selbstwertgefühl: Es besteht die Möglichkeit, dass Kinder aufgrund ihrer Schwierigkeiten in der visuellen Wahrnehmung ein geringeres Selbstwertgefühl entwickeln. Besonders dann, wenn sie in schulischen oder anderen Aktivitäten hinter ihren Altersgenossen zurückbleiben.

Es ist wichtig zu betonen, dass frühzeitige Erkennung und Intervention die Auswirkungen von visuellen Wahrnehmungsstörungen minimieren können. Wenn du bei deinem Kind Anzeichen von visuellen Wahrnehmungsproblemen bemerkst, ist es ratsam, professionelle Hilfe von einem Augenarzt, Optometristen oder einem spezialisierten Therapeuten in Anspruch zu nehmen. Diese Fachleute können eine genaue Diagnose stellen und geeignete Maßnahmen empfehlen, um die visuelle Wahrnehmung zu verbessern und die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.

So könnte es für dein Kind laufen

Emilys Abenteuer mit den Unsichtbaren Puzzleteilen

Emily, ein aufgewecktes Mädchen in der 2. Klasse, war schon immer begeistert von Büchern, bunten Bildern und Rätseln. Doch in letzter Zeit schienen einige Dinge für sie komplizierter zu werden. Ihre Lehrerin, Frau Müller, bemerkte, dass Emily Schwierigkeiten hatte, Wörter richtig zu lesen und Buchstaben zu erkennen. Emily selbst fand es frustrierend, dass sie oft durcheinander kam, wenn sie versuchte, Sätze zu verstehen.

Die Puzzlestücke fehlen

Eines Tages, während einer Kunststunde, bemerkte Frau Müller, dass Emily Schwierigkeiten beim Zusammensetzen eines einfachen Puzzles hatte. Emily, normalerweise eine begeisterte Puzzlespielerin, schien Probleme zu haben, die Teile richtig zu verbinden. Das weckte Frau Müllers Aufmerksamkeit.

Ein Besuch beim Augenarzt

Nach einem Gespräch mit Emilys Eltern entschieden sie sich, einen Besuch beim Augenarzt zu machen. Der Augenarzt stellte fest, dass Emily visuelle Wahrnehmungsprobleme hatte, insbesondere Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von visuellen Informationen und dem Erkennen von Buchstaben.

Die Lösung: Visuelle Therapie

Emily begann daraufhin eine visuelle Therapie, die speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war. Die Therapie umfasste Übungen, die ihre Augenmuskulatur stärkten und ihre visuelle Wahrnehmung verbesserten. Zudem nutzte sie spezielle Spiele und Aktivitäten, um ihre Fähigkeiten im Lesen und Schreiben zu fördern.

Emilys Fortschritte

Mit der Zeit begann Emily, Fortschritte zu machen. Sie konnte Buchstaben besser erkennen, Texte flüssiger lesen und ihre Puzzles schneller lösen. Emily fühlte sich nicht nur selbstbewusster, sondern begann auch wieder Freude an ihren Lieblingsaktivitäten zu haben.

Ein ermutigendes Ende

Emily lernte, mit ihren visuellen Wahrnehmungsproblemen umzugehen, und ihre Lehrerin sowie ihre Eltern unterstützten sie dabei. Die Geschichte von Emily zeigt, dass frühzeitige Erkennung und gezielte Interventionen einen großen Unterschied machen können, um Kinder bei der Überwindung von Herausforderungen zu unterstützen und ihr Potenzial zu entfalten.